Akteneinsicht im Bußgeldverfahren, oder: Einmal hui, einmal pfui

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Ich habe länger nicht mehr über die mit der (Akten)Einsicht in Messdaten pp. zusammenhängenden Fragen im Bußgeldverfahren berichtet, einer der verfahrensrechtlichen Dauerbrenner der letzten Jahre – in unterschiedlichen Ausgestaltungen. Da kommen mir zwei AG-Entscheidungen aus Thüringen, die der Kollege M. Lengtat aus 09212 Limbach-Oberfrohna mir vor einiger Zeit zugesandt hat, gerade recht. Für die passt: Einmal hui, einmal pfui.

In die „Abteilung Pfui“ gehört der AG Stadtroda, Beschl. v. 14.12.2016 – 8 OWi 1286/16. Das AG Stadtroda hat einen Anspruch des Verteidigers im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren darauf, dass ihm die Bedienungsanleitung und andere Unterlagen betreffend Messgeräte zugänglich gemacht werden, verneint. Das begründet das AG mit dem sog. formellen Aktenbegriff. Die Bestimmung des § 147 StPO gebe insbesondere keinen Anspruch auf Bildung eines größeren Aktenbestandes.

Demgegenüber ist der AG Gotha, Beschl. v. 04.01.2017 – 10 OWi 742/16 – aus der „Abteilung Hui“. Das AG Gotah hat nämlich (zutreffend) einen Anspruch des Verteidigers auf Einsicht in Messdaten usw. bejaht. Um überhaupt im Einzelfall in der Lage zu sein, konkrete, die Amtsaufklärungspflicht auslösende Anhaltspunkte für Messfehler bei einem standardisierten Messverfahren vorzutragen, müsse die Verteidigung jedenfalls Zugang zu allen Messeunterlagen bzw. zu den für die Kontrolle der Messwertbildung erforderlichen Messdaten, wie dem Foto, dem Film, weitere Videoaufnahmen bzw. den im Gerät oder in einer gesonderten Datei verschlüsselt vorhandenen Messdaten (zumindest den konkreten Messvorgang betreffend), dem Messprogramm, der Gebrauchsanleitung, dem Zulassungsschein, dem Eichschein, Schulungsnachweisen und einer etwa vorhandenen Lebensakte haben. Das begründet das AG mit dem Hinweis auf den OLG Jena, Beschl. v. 01.03.2016 – 2 OLG 101 Ss Rs 131/15 und auf Cierniak zfs 2012, 664 ff. (vgl. auch Akteneinsicht a la OLG Jena, oder: Burhoff und sein „Teufelskreis“).

Statt „Einmal hu, einmal pfui“ hätte ich auch schreiben können: Die gute ins Töpfchen, die schlechte ins Kröpfchen….

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