Ratsgebühr, oder: Im Zivilverfahren erstattungsfähig?

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Machen wir heute mal – außer der Reihe – ein wenig Gebührenrecht. Es geht allerdings nicht um Fragen der Gebühren der Teile 4 und 5 VV RVG, sondern um eine mehr allgemeine Fragestellung. Und zwar geht es um die Erstattungsfähigkeit der sog. Ratsgebühr. Nicht selten wird ja nach einem Zivilrechtsstreit von der obsiegenden Partei, die nicht anwaltlich vertreten war, versucht, eine Gebühr nach § 34 RVG zur Erstattung gegen die unterlegene Partei anzumelden. Das LG Essen hat das jetzt im LG Essen, Beschl. v. 06. 10.2016 – 7 T 284/16 – abgelehnt.

Nach dem Sachverhalt hatte der Beklagte nach Abweisung der Klage und Auferlegung der Kosten und Auslagen des Beklagten auf den Kläger einen Betrag von 226,10 EUR aus einer Rechtsanwaltsrechnung über eine angebliche Beratung und Gutachtenerstellung zur Erstattung angemeldet, ohne das näher zu konkretisieren. Das AG hatte die Festsetzung abgelehnt. Die sofortige Beschwerde des Beklagten hatte beim LG Essen keinen Erfolg:

„Die Beantwortung der Frage, ob der Beklagte – der trotz entsprechender Monita seitens des Amtsgerichts und des Klägers nichts Konkretes dazu ausgeführt hat, welchen Inhalt die angebliche Beratung und Gutachtenerstellung hatte – gern. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausreichend glaubhaft gemacht hat, dass der Aufwand für die Beratung und Gutachtenerstellung zum Zwecke der Rechtsverteidigung in vorliegendem Rechtsstreit entstanden ist, kann letztlich dahinstehen.

Selbst bei Unterstellung einer Prozessbezogenheit des in Rechnung gestellten Betrages ist eine Festsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht möglich. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Rechtsfragen des Kostenrechts zugeschnitten. Zur Klärung materiell-rechtlicher Fragen ist dieses Verfahren deshalb nicht vorgesehen (BGH, Beschluss vom 23.03.2006 – V ZB 189/05NJW 2006, 1962 (Rn. 4); BGH, Beschluss vom 22.11.2006 – IV ZB 18/06NJW-RR 2007, 422 (Rn.8)). Eine solche Prüfung materiell-rechtlicher Fragen müsste aber erfolgen, wenn im Kostenfestsetzungsverfahren eine – wie hier – nach §§ 14, 34 RVG berechnete Gebühr festgesetzt werden sollte, deren Höhe entweder von einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Mandant und Rechtsanwalt oder einer Ermessensbestimmung seitens des Anwalts abhängig ist. Die Frage der Erstattungsfähigkeit einer derartigen Gebühr ist deshalb gegebenenfalls in einem ordentlichen Rechtsstreit zu klären. Eine Festsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren ist abzulehnen (sh. z.B. OLG Rostock, Beschluss vom 17.04.2008 – 5 W 77/08 – zit. nach juris (Rn. 10 und Rn. 13); Herget in: Zoller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 104 Rn. 21 „Außergerichtliche Anwaltskosten“, § 91 Rn. 13 „Ratsgebühr“; sh. a. Schulz in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 91 Rn. 129).“

Nun, m.E. war die Frage, die zu entscheiden gewesen wäre, gar nicht so „schwer“, dass sie nicht ohne weiteres sowohl dem Grunde als auch ggf. der Höhe nach vom LG hätte entschieden werden können. Das LG hätte sich nur zwischen den dazu vertretenen Auffassungen entscheiden müssen: Nämlich entweder keine Erstattung der Ratsgebühr als eine vereinbarte Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren oder doch Erstattungsfähigkeit und keine Verweisung auf den Klageweg. Hätte das LG die Erstattungsfähigkeit der Beratungsgebühr bejaht, wäre dann noch die Frage zu entscheiden gewesen, ob die geltend gemachten Auslagen voll oder nur bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren zu erstatten wären. Letztlich kam es damit dann doch für die Überprüfung der Rechnung auf die Konkretisierung des Inhalts der Beratung und Gutachtenerstellung an.

Aber hat man eben nicht. Und das LG hat auch die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

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