Klassiker I: Wenn der Eröffnungsbeschluss fehlt, Einstellung

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Wenn der Eröffnungsbeschluss fehlt? Ja, richtig gelesen. Das ist ein gar nicht so seltener Fehler in der Praxis, wobei ich mich immer frage, warum eigentlich niemand merkt, dass der Eröffnungsbeschluss nicht da ist. Nachzuvollziehen ist es nicht, denn man sollte doch als Tatrichter doch das Vorliegen der Verfahrensvorausssetzungen prüfen. Und dann müsste man eigentlich merken, dass ein Eröffnungsbeschluss ganz oder teilweise fehlt. In dem dem BGH, Beschl. v. 04.08.2016 – 4 StR 230/16 – zugrunde liegenden Verfahren hate es jedenfalls keiner gemerkt. Nur der BGH. Und das war es insoweit dann,:

„Damit fehlt es für die Tat II.1 der Urteilsgründe an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss. Die Eröffnungsentscheidung vom 27. November 2014 bezog sich ausdrücklich nur auf die Anklage vom 29. August 2014 und nicht auf die Anklage vom 24. Juni 2014. Ihr kann, bezogen auf die Anklage vom 24. Juni 2014, auch nicht die Bedeutung einer konkludenten Eröffnung des Hauptverfahrens beigemessen werden. Zur Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 203 StPO genügt zwar eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen zur Hauptverhandlung zuzulassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 1999 – 2 StR 376/99, NStZ 2000, 442, 443 mwN; vom 3. Mai 2001 – 4 StR 59/01, bei Becker, NStZ-RR 2002, 68; vom 5. Februar 1998 – 4 StR 606/97, BGHR StPO § 203 Beschluss 4). Dem Beschluss vom 27. November 2014, der sich nach seinem Wortlaut ausschließlich auf die Anklage vom 29. August 2014 bezieht, ist aber mit der erforderlichen Sicherheit nicht zu entnehmen, dass das Amtsgericht – Schöffengericht – Witten hinsichtlich der Anklage vom 24. Juni 2014 die Eröffnungsvoraussetzungen geprüft und angenommen hat. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in der im Zusammenhang mit dem Beschluss vom 27. November 2014 ergangenen Terminsverfügung die Ladung von zwei Zeugen zu dem mit Anklage vom 24. Juni 2014 erhobenen Tatvorwurf angeordnet wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 1987 – 3 StR 493/87, BGHR StPO § 203 Beschluss 1).

Das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses stellt ein in diesem Verfahren nicht mehr behebbares Verfahrenshindernis dar, das die Einstellung des Verfahrens zur Folge hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. September 2011 – 3 StR 280/11, NStZ 2012, 225, 226; vom 9. Januar 1987 – 3 StR 601/86, NStZ 1987, 239; vom 15. Mai 1984 – 5 StR 283/84, NStZ 1984, 520; vom 9. Juni 1981 – 4 StR 263/81, DRiZ 1981, 343; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 207 Rn. 12 mwN; Seidl in KMR, § 203 Rn. 11 ff. [Stand Mai 2012]; Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 207 Rn. 84 ff.).“

Im Grunde sind diese Fälle sog. Klassiker. Und: Man muss als Verteidiger – der merkt es ja häufig auch nicht 🙂 – noch nicht einmal rügen. Denn die Fragen prüft das Revisionsgericht von Amts wegen.

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