„Bitte aufräumen“, oder: Eine „Bitte“ ist nicht „verbindlich“

© ok-foto - Fotolia.com

© ok-foto – Fotolia.com

Die 3. KW/2017 eröffne ich dann mal mit zwei vollzugsrechtlichen Entscheidungen. Die erste ist der KG, Beschl. v. 29.07.2016 – 2 Ws 133/16 Vollz. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob eine „mündliche Anordnung“/“Bitte“ der Vollzugsbehörde gegenüber einem Sicherungsverwahrten eine Maßnahme i.S. des § 109 Abs. 1 StVollzG darstellt, gegen die dann Rechtsmittel gegeben sind. Im Grunde geht es um die „Bitte“ aufzuräumen. Dazu hatte die StVK festgestellt:

„Das Patientenzimmer des Antragstellers war überfüllt und nicht ausreichend kontrollierbar. Dieser Umstand wurde im Rahmen der Stationsvisite seitens der Abteilungsleitung bemängelt; der Antragsteller wurde mündlich auf die Vorschrift des § 31 Berliner PsychKG und die darauf basierende Hausordnung hingewiesen. An den Antragsteller wurde zudem die als Bitte bezeichnete Aufforderung herangetragen, seine Habe im Zimmer zu reduzieren. Bezüglich der zahlreichen Bücher und Datenträger wurde ihm eine Orientierung von jeweils 20 Stück genannt. Ein schriftlicher Bescheid erfolgte nicht.

(…)

Der Antragsteller weigerte sich jedoch zunächst, die überzähligen Bücher und Datenträger herauszugeben.

Am 03.11.2015 wurde der Antragsteller, nachdem er den Stationsleiter bedroht hatte, auf eine andere Station verlegt.

(…)

Mit der Verlegung gab der Antragsteller die überzähligen Bücher und Datenträger heraus.“

Das KG sagt: Keine Maßnahme i.S. des § 109 StVollzG, denn:

„Eine „Maßnahme“ im Sinne von § 109 StVollzG (auf den Antragsteller anwendbar über § 130 StVollzG) ist eine Regelung mit Rechtswirkung. Es muss sich deshalb um den Akt einer Vollzugsbehörde handeln, der in das Rechtsverhältnis zwischen dem Sicherungsverwahrten und dem Staat gestaltend eingreifen soll, also um eine Regelung einer einzelnen Angelegenheit, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist und diesbezüglich Verbindlichkeit beansprucht (vgl. z.B. Bachmann in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel, Strafvollzugsgesetze 12. Aufl., Abschn. P Rdn. 28, 29; Schuler/Laubenthal in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetz 5. Aufl., § 109 Rdn. 11).

Eine Bitte ist – auch wenn sie mit Nachdruck vorgebracht wird – eben keine Regelung. Dem Adressaten steht es frei, sie zu befolgen – oder eben nicht. Das mag für „schlechte Stimmung“ sorgen, hat aber keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen. Eine Behörde, die dem Adressaten diese Wahlmöglichkeit abschneiden will, muss dies unmissverständlich artikulieren. Dass die Vollzugsbehörde (in Gestalt des Krankenhauses des Maßregelvollzuges) selbst nicht davon ausgegangen ist, dass ihre (noch dazu reichlich unbestimmte) Bitte die Anzahl der Bücher und Datenträger auf jeweils etwa 20 zu reduzieren, bereits eine verbindliche Weisung darstellte, erhellt sich nicht nur aus deren diesbezüglichen Vortrag im Verfahren, sondern auch daraus, dass sie offenbar bis zum 3. November 2015 keinerlei Anstalten gemacht hat, die Bitte vom 12. Oktober 2015 durchzusetzen, obwohl der Beschwerdeführer sich zunächst weigerte, ihr Folge zu leisten.“

Ein Gedanke zu „„Bitte aufräumen“, oder: Eine „Bitte“ ist nicht „verbindlich“

  1. Pingback: Einzel-TV für den „Rauschgiftdealer“ auf der „Abschirmstation“? oder: Potentieller Bunker – Burhoff online Blog

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert