Geldregen II: Durch AGB das Doppelte der RVG-Vergütung als Mindestvergütung?

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Die zweite gebührenrechtliche Entscheidung, die ich dann noch vorstellen möchte (zur ersten siehe Geldregen I: Anwaltshonorar von mehr als 20.000 EUR in einer Kindschaftssache, oder: Sittenwidrig?), ist das OLG München, Urt. v. 30.11.16 – 15 U 1298/16 Rae. Das betrifft die Frage, ob die Vereinbarung eines Mindesthonorars in Höhe des 2-Fachen der gesetzlichen Gebühren durch allgemeine Geschäftsbedingungen möglich ist. Das OLG hat die Frage bejaht.

Im Verfahren haben die Parteien, ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt und der Mandant, um ein Honorar von fast 50.000 € für die Überprüfung des Entwurfs eines Geschäftsführeranstellungsvertrags gestritten. Der Mandant hatte eine Vergütungsvereinbarung, in der u.a. ein Zeithonorar vereinbart worden ist, unterzeichnet. Außerdem gab es Mandatsbedingungen des Rechtsanwalts, in denen es u.a hieß: „Die Kanzlei erhält in allen Fällen, sowohl im Falle der Beratung als auch bei außergerichtlicher und/oder gerichtlicher Vertretung, mindestens das Zweifache der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) einschließlich Vergütungsverzeichnis (VV) unter Berücksichtigung der Streitwertregelung gemäß folgendem Absatz.“ Der Rechtsanwalt hatte mit seiner (Wider)Klage teilweise Erfolg.

Das OLG sagt dazu in dem Leisatz der Entscheidung: :

Die Vereinbarung eines Mindesthonorars in Höhe des 2-fachen der gesetzlichen Gebühren durch allgemeine Geschäftsbedingung durch allgemeine Geschäftsbedingung ist zulässig. Sie stellt keine überraschende Klausel im Sinne des § 307 c Abs. 1 BGB ist, und zwar auch dann nicht, wenn die Vergütungsvereinbarung zuerst ein Zeithonorar regelt und im Anschluss daran, aber noch unter der gleichen Gliederungsnummer, das Mindesthonorar.

Die vereinbarte Klausel ist nach Auffassung des OLG keine überraschende Klausel i.S. des § 305c Abs. 1 BGB. Allein, dass die Vereinbarung des Zweifachen der gesetzlichen Vergütung als Untergrenze ggf. unüblich ist – so die RAK München in einem Gebührenutachten -, genüge für die Annahme einer überraschenden Klausel i.S. des § 305c Abs. 1 BGB nicht. Es müsse als zweite, normative Voraussetzung ein Überraschungsmoment hinzukommen. Daraus, dass die Vergütungsvereinbarung zuerst das Zeithonorar regele und im Anschluss daran, aber noch unter der gleichen Gliederungsnummer, das Mindesthonorar, lasse sich nicht ableiten, dass das Zeithonorar im Vordergrund stehe und die Vereinbarung auf diesem „basiert“. Die Vergütungsvereinbarung beginne sprachlich notwendig mit nur einer der Berechnungsweisen der Vergütung und stelle im Anschluss daran die andere dar. Eine Rangordnung lasse sich daraus nicht entnehmen.

Die Klausel verstößt – so das OLG – auch nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine Verpflichtung des Rechtsanwalts, den Mandanten ungefragt über die voraussichtliche Höhe der gesetzlichen Gebühren aufzuklären, bestehe grundsätzlich nicht (BGH AGS 2010, 216; NJW 2007, 2332). Gleiches gelte für den voraussichtlich anfallenden Zeitaufwand des nach einer Zeithonorarvereinbarung abrechnenden Rechtsanwalts. Deshalb könne von dem Rechtsanwalt nach den Umständen nicht gefordert werden, die für eine Vielzahl unterschiedlicher Ausgangssachverhalte vorformulierte Vertragsklausel so zu gestalten, dass der Mandant schon beim Abschluss der Vergütungsvereinbarung erkennen könne, ob in seinem konkreten Fall eine Abrechnung nach Zeitaufwand oder das Mindesthonorar in Höhe des Zweifachen der gesetzlichen Gebühren zur Anwendung komme.

 Schließlich hat das OLG auch eine unangemessene Benachteiligung aus anderen Gründen verneint. Eine Zeithonorarvereinbarung als solche sei – auch formularmäßig – nach ganz einhelliger Auffassung zulässig. Gleiches gelte für die Vereinbarung eines Mehrfachen der gesetzlichen Gebühren, die – jedenfalls bei einer Vereinbarung des Zweifachen – ebenfalls zulässig sei.

Dazu nur kurz: Eine anwaltsfreundliche Entscheidung zu einer Frage, die – soweit ersichtlich – von der Rechtsprechung für die Anwaltsvergütung bisher nicht entschieden worden ist. Es bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte den vom OLG München eingeschlagenen Weg mitgehen. Vom BGH werden wir zu der Frage voraussichtlich nichts hören. Das OLG hat nämlich die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Keine grundsätzliche Bedeutung. Nun, das hätte man auch anders sehen können.

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