„Du musst mir schon sagen, was du mir vorwirfst“, sonst: Einstellung des Bußgeldverfahrens

FragezeichenIch hatte schon länger keine Postings zu straßenverkehrsrechtlichen  Fragen. Da kommt mir der AG Landstuhl, Beschl. v. 24.11.2016 – 2 OWi 4286 Js 12609/16 -, der gerade vom AG Landstuhl übersandt worden ist, gerade recht. Das AG hat ein Verfahren gem. § 206a StPO eingestellt, weil der Bußgeldbescheid das Tatgeschehen nicht konkret genug umschrieben hat:

„Der Betroffene befuhr als Fahrer des Schwertransports, Kz. … der Firma … GmbH am 23./24.08.2016 gegen Mitternacht u.a. die BAB6 bei Landstuhl im Baustellenbereich. Durch Bescheid vom 26.08.2016, As8 ff., war auf S. 14/15/16 des Bescheides als vollziehbare Auflage für den Baustellenbereich ab km 615,838 bis km 622,740 sowie von km 632,463 bis km 636,266 in Fahrtrichtung Saarbrücken angeordnet, dass der Baustellenbereich für den Gegenverkehr durch die Polizei gesperrt werden sollte. Der Betroffene befuhr die Bereiche jedoch, ohne sich mit der Polizei abzustimmen und ohne dass der Gegenverkehr gesperrt worden wäre.

Sowohl im Anhörungsschreiben (AS42) als auch im Bußgeldbescheid (AS46) ist als Tatbeschreibung der Passus enthalten: „Sie befolgten eine vollziehbare Auflage *) einer Ausnahmegenehmigung oder Erlaubnis nicht“, dazu unter „Bemerkungen“ der Satz: „Polizeiliche Begleitung auf Abschnitten der BAB 6 erforderlich“, im Bußgeldbescheid noch „(s. Ausnahmegenehmigung)“.

Die Ausnahmegenehmigung war weder ganz noch in Teilen dem Bußgeldbescheid beigefügt. Eine zeitliche und/oder örtliche Konkretisierung fand abgesehen vom Tattag nicht statt. Eine textliche Ergänzung zu dem Zeichen „*)“ fand nicht statt.
Das Verfahren ist einzustellen. Es besteht ein Verfahrenshindernis hinsichtlich des Betroffenen, § 206a StPO. Es ist vorliegend schon nicht davon auszugehen, dass eine verjährungsunterbrechende Wirkung von Anhörung und Bußgeldbescheid gegeben ist. Denn diese sind sowohl bezüglich der Auflage als auch bezüglich der Örtlichkeit so unkonkret, dass der Betroffene nicht erkennen kann, was ihm wo überhaupt zum Vorwurf gemacht wird (vgl. Bohnert/Krenberger/Krumm, OWiG, 4. Aufl., 2016, § § 66 Rn. 36).

Darüber hinaus ist der Bußgeldbescheid in der beschriebenen Form aber auch nicht einmal geeignet, Grundlage eines gerichtlichen Bußgeldverfahrens zu sein. Der Bußgeldbescheid stellt schon nicht dar, welchen konkreten Inhalt die vollziehbare Auflage hatte und konkretisiert demzufolge auch nicht, wodurch, wann und wo der Betroffene gegen die Auflagen verstoßen hat. Die Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, ist damit nicht so bezeichnet dass der Betroffene erkennen kann, welches Tun oder Unterlassen den Gegenstand des Verfahrens bildet, gegen welchen Vorwurf er daher seine (mögliche) Verteidigung richten muss (OLG Jena, Beschl. V. 18.04.2016 – 1 OLG 121 SsRs 6/16 – Krenberger, jurisPR-VerkR 21/2016 Anm. 5). Hätte dem Bußgeldbescheid als Anlage der Bescheid mit den Auflagen beigelegen, was durchaus zulässig ist (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1992, 39), hätte eine Konkretisierung noch eher angenommen werden können, wenngleich auch dann völlig unklar geblieben wäre, welche Tatzeit und welchen Tatort der Betroffene heranziehen soll, um sich zu verteidigen.“

Recht hat es, das AG.

2 Gedanken zu „„Du musst mir schon sagen, was du mir vorwirfst“, sonst: Einstellung des Bußgeldverfahrens

  1. Leser

    Da war der Herr Krenberger aber wild darauf, seine tolle Entscheidung der Welt zur Kenntnis zu bringen, noch bevor die Verfahrensbeteiligten sie haben.

    Bei den Daten hat er sich vermutlich verschrieben – jedenfalls trägt der Genehmigungsbescheid ein späteres Datum als der genehmigte Schwertransport.

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