Schwarze Messfoto bei ESO ES 3.0, oder: Nicht standardisiert

entnommen wikimedia.org Urheber Jepessen

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Kurz vor Abreise hat mich noch der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.10.2016 – 2 RBs 145/16 – erreicht. Er behandelt das Messverfahren ESO ES 3.0, das an sich als standardisiertes Messverfahren angesehen wird. In dem vom OLG Düsseldorf behandelten Sonderfall aber nicht:

„Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Amtsgericht davon aus. dass das eingesetzte Verfahren ein standardisiertes Messverfahren in vorstehendem Sinne ist (OLG Hamm a. a. O.; OLG Dresden a. a. O.). Der Umstand, dass das durch die geeichte Fotoeinrichtung produzierte Messfoto schwarz war, und nur das weitere Foto, das einer ungeeichten Fotoeinrichtung entstammt, einen aussagekräftigen Inhalt hatte, hätte das Amtsgericht aber veranlassen müssen. die Richtigkeit des Messergebnisses einer konkreten Untersuchung zu unterziehen. Es durfte seinen weiteren Überlegungen nicht zugrunde legen, dass Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Messung nicht bestehen, und folglich nicht gemäß der vorstehend bezeichneten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einer weitergehenden Prüfung absehen.

bb) Der Tatrichter hat sich auch bei standardisierten Messverfahren stets der Möglichkeit ihrer Fehlerhaftigkeit bewusst zu sein (BGH a. a. O. S: 3083). Er hat deshalb die ihm zum Messvorgang vorgelegten Unterlagen (Messfoto, Eichschein, Messprotokoll, etc.) auf mögliche Anhaltspunkte, an der Fehlerfreiheit der Messung zu zweifeln, zu untersuchen, weil überhaupt nur dann Zweifel an der Richtigkeit der Messung aufkommen können.

Die Bedeutung des Messfotos reduziert sich nicht auf die Wiedergabe von Fahrzeug und Fahrer, sondern es zeigt auch die Verkehrssituation zum Zeitpunkt der Messung (OLG Frankfurt NStZ-RR 2016. 185) und erlaubt dadurch eine Kontrolle der Messsituation in Bezug auf ersichtliche Fehlerquellen, wie etwa eine auffällige Fotoposition des (vermeintlich) gemessenen Fahrzeug oder das Vorhandensein eines weiteren Fahrzeugs im Messbereich.

Zwar ist der Tatrichter nicht gezwungen, in jedem Fall das Fehlen von Anhaltspunkten für Fehlerquellen im angefochtenen Urteil festzustellen (BGH a. a. O., S. 3084), das Schweigen des Urteils zu dieser Frage begründet mithin noch nicht den Vorwurf, der Tatrichter sei sich der Möglichkeit der Fehlerhaftigkeit der Messung nicht bewusst gewesen. Wenn aber der Tatrichter erkennbar nicht in die Lage versetzt worden ist, die vorgenannte Prüfung vorzunehmen, gleichwohl aber von der Fehlerfreiheit der Messung ausgeht, liegt auf der Hand, dass er seiner Verpflichtung zur Nachprüfung des Vorliegens von Anhaltspunkten zu Zweifeln an der Richtigkeit der Messung nicht nachgekommen sein kann. So ist die Sachlage hier.

cc) Das schwarze Messfoto bildet keine Nachprüfungsgrundlage. Das durch die ungeeichte Fotoeinrichtung erstellte Foto ist keine geeignete Grundlage für diese Prüfung. Denn dieses bietet wegen des Fehlens der Eichung nicht von sich aus einen Ansatzpunkt für die Gewähr, dass es die Messsituation zutreffend wiedergibt, ohne dass damit seine Untauglichkeit dazu stets anzunehmen wäre. Die Beantwortung dieser Frage ist dann aber im Einzelfall vorzunehmen.

Das Amtsgericht stellt fest, dass das Foto der ungeeichten Fotoeinrichtung ausweislich der Bedienungsanleitung „als Ergänzung“ herangezogen werden kann. Lassen beide Fotos zusammen die gebotene Nachprüfung der Messsituation zu, bestehen gegen die ergänzende Heranziehung keine Bedenken. Die Argumentation des Amtsgerichts läuft aber auf eine Ersetzung des Messfotos (der geeichten Fotoeinrichtung) hinaus. Diese Funktion kann das weitere Foto aufgrund der fehlenden Eichung der Fotoeinrichtung nicht erfüllen. Mangels Eichung lässt sich etwa keine Aussage zur Länge der Auslöseverzögerung treffen, von der wiederum die Lage der Fotolinie abhängt, in deren „Bereich“ sich der vom Betroffenen geführte PKW nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil ausweislich des Fotos der ungeeichten Fotoeinrichtung befunden haben soll, ohne dass das Amtsgericht die Frage aufgeworfen und beantwortet hat, wie die Position der Fotolinie angesichts der fehlenden Eichung bestimmt worden ist. Damit bleibt jedenfalls zunächst einmal offen, wie die fotografisch dokumentierte Verkehrssituation zu interpretieren ist.

Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts erweist sich damit als lücken- und somit rechtsfehlerhaft (BGH NStZ-RR 2008, 146, 147). Auf diesem Rechtsfehler beruht das angefochtene Urteil.“

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