Archiv für den Monat: Oktober 2016

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie war das noch mit der Kostenerstattung nach einem Teilfreispruch

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Nun, ich denke, der ein oder andere wird die Antwort auf die Frage vom vergangenen Freitag – Ich habe da mal eine Frage: Wie war das noch mit der Kostenerstattung nach einem Teilfreispruch – gewusst haben. Da ich ja wegen meines Urlaubs die Kommentarfunktion ausgestellt habe, hat er aber leider nicht hier antworten können. Aber er kann nun prüfen, ob seine Antwort richtig gewesen wäre.

Auszugehen ist von folgenden Grundsätzen bzw. folgende Schritte muss man gehen:

1. Auswahl der Festsetzungsmethode

Zunächst ist die Frage der Festsetzungsmethode zu entscheiden. Dazu bieten sich zwei unterschiedliche Wege an, und zwar einmal nach Bruchteilen oder die sog. Differenztheorie. Hat das Gericht in seiner Entscheidung die Kosten nicht nach Bruchteilen verteilt, steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Rechtspflegers, welchen der beiden Wege er einschlägt.

2. Allgemeine Grundsätze für die Anwendung der Differenztheorie

Grundlage für die Anwendung der Differenztheorie ist folgende Überlegung: Nach der Differenztheorie soll der zum Teil freigesprochene Verurteilte genauso gestellt werden, wie er gestanden hätte, wenn allein die zur Verurteilung führenden Taten Gegenstand des Verfahrens gewesen wären; die in diesem Fall entstandenen Kosten fallen ihm zur Last. Das bedeutet: Der teilweise Freigesprochene muss von den Mehrkosten, die durch die Vorwürfe veranlasst sind, bezüglich derer es zum Freispruch kam, freigestellt werden. Dabei ist Folgendes zu beachten:

  • Lassen sich die Mehrkosten nicht eindeutig zuordnen, weil die Aufwendungen, wie z.B. die Gebühren des Verteidigers, zwangsläufig das gesamte Verfahren betreffen, so müssen sie durch einen Vergleich der dem Verurteilten tatsächlich entstandenen notwendigen Auslagen mit den im Fall des beschränkten Verfahrensgegenstandes hypothetisch erwachsenen Auslagen ermittelt werden.
  • In Bezug auf die Vergütung des Verteidigers bedeutet dies i.d.R., dass vom Gesamthonorar das fiktive Honorar abzuziehen ist, welches dem Verteidiger zustehen würde, wenn nur die zur Verurteilung führenden Taten Gegenstand des Mandats gewesen wären. Nur in Höhe des weitergehenden Gebührenanspruches besteht dann ein Erstattungsanspruch des früheren Angeklagten gegen die Staatskasse.
  • Bei der Bestimmung des vom Gesamthonorar abzuziehenden Teiles muss fiktiv, also unabhängig vom tatsächlichen Verlauf des Verfahrens, ermittelt werden, welche Gebühren angefallen wären, wenn von vornherein nur die Vorwürfe erhoben worden wären, für die der Angeklagte später verurteilt worden ist. Bei der Bemessung der fiktiven Auslagen sind alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Art und Schwere der einzelnen Schuldvorwürfe, auch in ihrer Bedeutung für den Angeklagten, zu berücksichtigen. Dabei ist auch maßgeblich, ob das Hauptverfahren bei einer von vornherein auf die verurteilten Taten beschränkten Anklage vor einem Gericht niedrigerer Ordnung eröffnet worden wäre und ob die Verhandlung weniger Zeit (Tage) in Anspruch genommen hätte.
  • Bei der Berechnung der dem Angeklagten aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen ist § 52 RVG zu beachten. Das bedeutet, dass die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG bei der Bemessung der Rahmengebühren Anwendung finden. Und: Der gerichtlich bestellte Verteidiger, also der Pflichtverteidiger, kann im Anwendungsbereich des § 52 RVG von dem Angeklagten nicht die Zahlung von – in § 52 RVG nicht erwähnten – Auslagen im Sinne des Teils 7 VV RVG verlangen. Denn der gerichtlich bestellte Verteidiger hat gemäß § 46 RVG bereits Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen gegen die Landeskasse mit der Folge, dass ein Anspruch auf Zahlung der Auslagen nach Teil 7 VV RVG gegen den Angeklagten nicht besteht. Eine Ausnahme gilt nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 52 RVG lediglich hinsichtlich der gesetzlichen Umsatzsteuer.
  • Und schließlich: Ist ggf. bereits ein Pflichtverteidigerhonorar aus der Staatskasse gezahlt ist das gem. § 52 Abs. 1 Satz 2 RVG anzurechnen, und zwar nach h.M. in voller Höhe.

Noch Fragen? Hoffentlich nicht. Und wenn denn doch, dann einfach mal den OLG Celle, Beschl. v. 08.08.2016 – 1 Ws 382/16 – lesen. Da habe ich auch die o.a. Ausführungen her. Und schöner als das OLG Celle kann man es kaum darstellen. Und ein Beispiel, wie es geht, hat man dann gleich auch.

Grundkurs: Die Beweiswürdigung bei Aussage-gegen-Aussage

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Der (erfahrene) Strafverteidiger weiß (hoffentlich): An die Beweiswürdigung des Tatgerichts ist nicht so einfach „dran zu kommen“. Denn so das Mantra der Revisionsgerichte: Die Beweiswürdigung gehört dem Tatrichter. Aber manchmal gelingt es dann doch und das ist häufig in den Fällen der Aussage-gegen-Aussage-Konstellation der Fall, vor allem wenn es um sexuellen Missbrauch geht. Ein schönes – lesenswertes Beispiel ist da der BGH, Beschl. v.  20.03.2016 – 2  StR 92/15 -, in dem der BGH seine Grundsätze – noch einmal zusammenfasst, quasi ein Grundkurs:

Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt nur, ob ihm dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 2 StR 92/14, NStZ-RR 2015, 52, 53).

Beruht die Überzeugung des Gerichts von der Täterschaft des Angeklagten – wie hier – allein auf der Aussage einer Belastungszeugin, ohne dass weitere, außerhalb dieser Aussage liegende belastende Indizien vorliegen, so sind an die Überzeugungsbildung des Tatrichters strenge Anforderungen zu stellen. Die Urteilsgründe müssen in Fallkonstellationen der genannten Art erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, welche seine Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 159). Insbesondere die Aussage der Zeugin selbst ist einer sorgfältigen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen (vgl. BGH, aaO, S. 158). Macht die einzige Belastungszeugin in der Hauptverhandlung in einem wesentlichen Punkt von früheren Tatschilderungen abweichende Angaben, so muss sich der Tatrichter mit diesem Umstand auseinander setzen und regelmäßig darlegen, dass und aus welchem Grund insoweit keine bewusst falschen Angaben vorgelegen haben (BGH, Urteil vom 17. November 1998 – 1 StR 450/98, BGHSt 44, 256, 257). Darüber hinaus ist es in Fallkonstellationen, in denen die Angaben der einzigen Belastungszeugin in der Hauptverhandlung in wesentlichen Teilen von ihren früheren Angaben abweichen, geboten, jedenfalls die entscheidenden Teile der Aussage in den Urteilsgründen wiederzugeben, weil dem Revisionsgericht ohne Kenntnis des wesentlichen Aussageinhalts ansonsten die sachlich-rechtliche Überprüfung der Beweiswürdigung nach den oben aufgezeigten Maßstäben verwehrt ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2011 – 1 StR 114/11, NStZ 2012, 110, 111; Beschluss vom 24. April 2014 – 5 StR 113/14, NStZ-RR 2014, 219). Gleiches gilt in Fallkonstellationen, in denen konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines Falschbelastungsmotivs bestehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2016 – 2 StR 308/15, juris Rn. 7 ff., 12).“

Und auf der Grundlage passte ihm die landgerichtliche Beweiswürdigung dann nicht. Wie gesagt: Grundkurs – lesenswert.

Der Verteidier darf grds. alles kopieren; oder: Stimmt!!!!

AktenstapelHeute ist zwar in einigen Bundesländern Feiertag, Aber in den übrigen wird durchgearbeitet. Daher also auch heute Blogbeiträge. Und ich eröffne mit:

In der Praxis gibt es häufig Streit um die Erstattung der vom Verteidiger aus der Akten gefertigten Kopien (§ 46 RVG, Nr. 7000 VV RVG). Häufig sind da die AG doch großzügiger als die LG und OLG. Ein schönes Beispiel ist dafür der AG Iserlohn, Beschl. v. 16.09.2016 – 5 Ls 614 Js 153/15 – 103/15, der zwar die eigene „Spruchpraxis“ zugrunde legt, aber auch noch einmal allgemein zur der Problematik Stellung nimmt:

„Daher ist ein vollständiges Kopieren des gesamten Akteninhaltes als gerechtfertigt anzuerkennen und im Rahmen einer ordnungsgemäßen Strafverteidigung auch geboten, vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, 7000 VV Rn. 60 m.w.N.

Es ist einem Strafverteidiger auch nicht zuzumuten, die Akte bereits bei Erhalt durchzuarbeiten, nur um entscheiden zu können, welche Schriftstücke möglicherweise noch relevant für das weitere Verfahren sein könnten, zumal sich diese Frage in einem frühen Verfahrensstadium, in dem oftmals auch noch keine Besprechung mit dem Mandanten stattgefunden hat, nicht ohne Weiteres beurteilen lässt. Die im bisherigen Verfahrensgang vertretene Rechtsauffassung führt für den Anwalt zu einer nicht vertretbaren Mehrarbeit, die vollkommen ineffektiv ist und die dem im Strafverfahren gebotenen Beschleunigungsgrundsatz zuwiderläuft. Dem Verteidiger wird bei Akteneinsicht regelmäßig aufgegeben, die Akte binnen 3 Tagen zurückzusenden. Dies lässt — wenn überhaupt — nur eine grobe Sichtung der Akte zu. Viele Strafverteidiger haben jedoch aufgrund ständiger (Auswärts-)Termine überhaupt nicht die Möglichkeit, die Akten bei Eingang durchzusehen. Sie — und damit auch das Gericht — sind für eine zügige Rücksendung darauf angewiesen, dass die Akten vom Kanzleipersonal eigenständig kopiert werden. Die Prüfung im Einzelfall, welche Seiten tatsächlich benötigt werden, lässt sich aber nicht vorab vom Verteidiger auf seine Mitarbeiter übertragen. Zumal eine solche Prüfung im Regelfall dem Verteidiger nicht abschließend möglich sein wird. Häufig offenbart erst der Termin zur mündlichen Hauptverhandlung, welche Akteninhalte für den Verfahrensfortgang von entscheidender Wichtigkeit sein dürften.“

Eine Ausnahme macht das AG allerdings für umfangreiche Fallakten, Fremdakten, Beiakten oder Sonderbände vorliegen, die den vertretenen Angeklagten nicht sofort klar erkennbar betreffen, Abgrenzungen zu anderen Angeklagten vorzunehmen sind oder augenscheinlich ohne Relevanz sind. Diese bedürfen – so das AG – der vorläufigen groben Sichtung durch den (Pflicht)Verteidiger mit der Bestimmung dessen, was zu kopieren ist.

Sonntagswitz: Heute mal Kindermund zu Omas….

© Teamarbeit - Fotolia.com

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Ich bin zwar (noch) auf Kreuzfahrt, aber: Nachdem ich in der vergangenen Woche zum Quasi-Auftakt der Reise Kreuzfahrt-Witze hatte, will ich damit heute nicht schon wieder kommen. Da macht etwas anderes vielleicht mehr Spaß. Undzwar.

Als „bekennender Opa“ bin ich neulich auf das Büchlein „Omas halten heute länger“ – herausgegeben von Christa Hein – gestoßen (worden). Es enthält Kinderaussagen zu „Obstkuchen, dritte Zähne und die liebe Großmutter“. Und: Ich fand es einfach zu köstlich, was dort abgedruckt ist. Und daher will ich daraus heute zitieren, und zwar:

„Oma geht mit mir zu H & M. Ich bekommen mehr geschenkt als mir gewünscht hab. Aber hinterher will sie meine Sachen selber anziehen.“


„Oma erzählt: Sie haben wie wir einen Christbaum gehabt. Und kleine Geschenke, meist nur Handschuhe und so weiter. Sie haben noch gesungen und gebetet, dann Schnitzel und Salat mit Soße. Und nach dem Gebet hatte man die Bescherung und nur eine Schüssel mit Weihnachtsgebäck.“


Mit Oma spiele ich Karten, Opa kocht. Aber ich muss aufpassen, nicht zu gewinnen. Dann wird sie ärgerlich. Und dann wird Opa sauer. Und dann lässt er fast immer etwas anbrennen und schreit herum und die Küche verqualmt und wir müssen trotzdem alles essen.


Ich möchte auf keinen Fall, dass meine Oma in den Himmel kommt. Opa ist nämlich schon da und wartet, dass er wieder mit ihr schimpfen kann.


Und dann noch:

Meine Oma gibt mir jede Woche Taschengeld. Aber seit Monaten gleich viel. Wie soll ich denn mit der Inflation leben?

Also: Ich finde es köstlich. Die Anschaffung des Büchleins lohnt sich….

Wochenspiegel für die 43. KW., ein Blick zurück auf Flüchtlingshatz, die ARAG, das NSU-Verfahren und das Lebensrisiko

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

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Tja, ein Wochenspiegel ist nicht so ganz einfach, wenn man unterwegs ist auf Kreuzfahrt und nicht so richtig in das Internet kommt. Ist schon ein wenig beschwerlich(er) in Aqaba/Jordanien. Und einen Wochenspiegel kann man ja auch nicht so gut vorbereiten. Daher habe ich mich entschlossen, heute – und auch am kommenden Sonntag – einen Blick zurück zu machen, und einfach mal zu schauen, was hatten wir denn so in den Vorjahren in der 43. KW. Ist m.E. ganz interessant, wenn man das so sieht:

Interessant? Oder? Ich fand es jedenfalls ganz interessant, mal zu sehen, was genau vor einem, vor zwei, vor drei oder vor vier Jahren die Blogs bewegt hat. Und einiges – wie z.B. das NSU-Verfahren – „bewegt“ uns ja noch immer.

In dem Sinne: Einen schönen Sonntag. Wenn alles gut/glatt gelaufen ist, bin ich jetzt wohl in der Felsenstadt Petra.