Wer auf Facebook hetzt, kann nicht Schöffe sein

entnommen wikimedia.org Urheber Munhuu94 - Own work

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Das KG hat im KG, Beschl. v. 25.05.2016 – 3 ARs 5/16 – eine Berliner Schöffin ihres Amtes enthoben (§ 51 GVG). Grund: Die Schöffin hatte im Internet, und zwar in ihrem Facebook-Profil, Hassbotschaften gegen Pädophile und Ausländer verbreitet und die Todesstrafe, harte Körperstrafen und Selbstjustiz propagiert. Das KG hat darin eine gröbliche Verletzung der Amtspflichten gesehen. Dabei ging s um folgende Postings:

  • Unter dem Thema  „Schützt unsere Kinder“ war ein Bild eingestellt, zeigt mehrere unbekleidete und gefesselte Männer, denen Ratten die Genitalien abfressen, geziegt. Dazu war geschrieben: „Das sollte man wieder einführen ganz ehrlich was sind das denn heute für Strafen kosten nur unnötig Geld dem Steuerzahler und sind ganz ehrlich nicht zu heilen!“
  • Eingestellt war ein, dass eine Pistolenkugel enthält, mit dem Zusatz: „Auch ein Kinderschänder sollte was im Kopf haben!“ 
  • Eingestellt war Bild ein, welches einen Serienmörder aus der Filmreihe „Saw“ zeigt. Das Bild ist versehen mit der Bemerkung: „Verletze mein Kind und ich lasse deinen Tod wie einen Unfall aussehen“. Die Schöffin kommentiert dieses Bild mit „Ohhhh jaaaaa!“
  • In einem Posting wurden Asylbewerber als „Halbwilde“ und „Tiere“ bezeichnet.
  • Eingestellt war auch eine Karikatur festgestellt, auf der ein Arzt gezeigt wird, der im Begriff ist, mit einem übergroßen Holzhammer auf die Hoden eines auf einem Operationstisch liegenden Patienten einzuschlagen. Darüber heißt es: „Zwangskastration! Für Kinderschänder und Vergewaltiger!“
  • In einem gleichfalls auf der Seite hochgeladenen „Gedicht“ heißt es: „Als perverses Schwein bist du geboren, in diesem Land hast du nichts verloren!!! Darum fordern wir für alle Länder Todesstrafe für Kinderschänder!!! Für Eure Taten sollt Ihr büßen!!! Ihr sollt Euer Leben nie wieder genießen, die Erfahrungen zeigen, dass Therapien nichts nützen!!! Nur Euer Tod kann Kinder schützen!!!“.

Die Schöffin hat bestritten, dass die Postings von ihr stammen und behauptet, dass sich ihr Ehemann ihres Accounts bemächtigt und dort Bilder und Nachrichten hochgeladen habe. Das KG hat das nicht geglaubt und ist von der Urheberschaft der Schöffin ausgegangen. Und in den Postings hat das KG eine Verletzung der Amtspflichten gesehen:

2. Die Schöffin hat durch die Veröffentlichungen ihre Amtspflichten gröblich verletzt, § 51 Abs. 1 GVG. ……

b) Derart gravierende Verletzungen außerdienstlicher Pflichten hat die Schöffin begangen, indem sie im Internet Hassbotschaften gegen Pädophile und Ausländer verbreitete, die Todesstrafe und entgrenzte Körperstrafen propagierte sowie Selbstjustiz bewarb. Hass gegen Straftäter und Ausländer und die Forderung nach maßlos übersteigerten Strafen und Selbstjustiz sind mit der Tätigkeit einer Recht und Gesetz verpflichteten Schöffin nicht in Einklang zu bringen.

Indem die Schöffin unter dem Titel „Schützt unsere Kinder“ ein Bild mit vor Schmerzen schreienden Männern veröffentlichte, deren Genitalien von übergroßen Ratten gefressen werden, hat sie gezeigt, dass sie an einer die Grundrechte der Beschuldigten respektierenden Rechtsprechung kein Interesse hat und eine grob menschen- und rechtsstaatwidrige Verfahrensgestaltung bevorzugt. Diese Einschätzung wird verstärkt dadurch, dass die Schöffin dem Bild den eigenen Text hinzugefügt hat: „Das sollte man wieder einführen“, weil das geltende Recht „nur unnötig Geld“ koste und nichts bewirke. Eine ähnliche Denkweise offenbart auch das Post mit einem Projektil und dem Text „Auch ein Kinderschänder sollte etwas im Kopf haben!“ Dieses Posting bewirbt nicht nur, was in sachlicher Weise gegebenenfalls zulässig wäre, die Todesstrafe für schwere Delikte. Vielmehr propagiert es sie in plumper und hetzerischer Manier. Dies gilt auch für das bereits am 15. Oktober 2015 veröffentlichte und noch im Mai 2016 im öffentlichen Facebookbereich abrufbare „Gedicht“, in dem es heißt: „Als perverses Schwein bist du geboren, in diesem Leben hast du nichts verloren!!! … Nur Euer Tod kann Kinder schützen!!!“ Mit diesem Text spricht die Schöffin pädophilen Straftätern das Menschsein ab und fordert auf dieser Grundlage ihre Tötung. Auch die Forderung nach „Zwangskastration für Kinderschänder und Vergewaltiger“ über dem Bild eines mit einem Holzhammer auf die Hoden eines Mannes einschlagenden Arztes offenbart die Sehnsucht der Schöffin nach einem entgrenzt und rücksichtslos strafenden Staat. Noch darüber hinaus geht die Veröffentlichung mit dem Text „Verletze mein Kind und ich lasse deinen Tod wie einen Unfall aussehen“. Hier wirbt die Schöffin nicht nur für die (staatlich zu vollstreckende) Todesstrafe, sondern für Selbstjustiz, wobei die Ermordung des Täters vertuscht werden soll. Auch mit der Bezeichnung von Ausländern als „Halbwilde“ und „Tiere“ spricht die Schöffin Menschen ihr Menschsein ab.

Keine dieser in den Veröffentlichungen zum Ausdruck kommenden Sichtweisen ist mit dem Menschenbild des Grundgesetzes und mit der Tätigkeit einer Recht und Gesetz verpflichteten und gerecht sowie unabhängig urteilenden Schöffin in Einklang zu bringen. Die Radikalität und Penetranz der über viele Monate getätigten Äußerungen schließt auch aus, dass es sich bei den in den Veröffentlichungen liegenden gröblichen Amtspflichtverletzungen um singuläre Verfehlungen handeln könnte. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Schöffin über ein verfestigtes Weltbild verfügt, in dem Personengruppen, über die sie möglicherweise zu richten hat, nicht als Menschen erscheinen.“

Dem ist m.E. nichts hinzuzufügen außer: Recht so.

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