Archiv für den Monat: Juli 2016

Bussgeldbescheid II: Unwirksamer/unvollständiger Bussgeldbescheid ==> Einstellung

© Alex White - Fotolia-com

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Nach dem AG Essen, Beschl. v. 30.06.2016 – 38 OWi-90 Js 2760/15-953/15 (vgl. dazu Bussgeldbescheid I: Nachkarten ist nicht, oder: Es muss alles sofort auf den Tisch) dann jetzt noch der OLG Jena, Beschl. v. 18.04.2016 – 1 OLG 121 SsRs 6/16, den ich mir im Verkehrsrechtsblog des Kollegen Gratz „geklaut“ habe. Auch eher hat eine Einstellung des Bußgeldverfahrens zum Gegenstand, allerdings nicht schon beim AG, sondern erst beim OLG.

Dem Betroffenen war im Bußgeldbescheid vorgeworfen worden, er habe als Fahrer eines Lkw eine vollziehbare Auflage einer Ausnahmegenehmigung oder Erlaubnis nicht befolgt, indem er Fahrzeit und Brückenauflagen nicht eingehalten habe. Das OLG sieht in dem gegen den Betroffenen erlassenen Bußgeldbescheid, in dem gegen ihn eine Geldbuße von 60 EUR festgesetzt worden ist, eine „Versagung des rechtlichen Gehörs“ und nimmt den Zulassungsgrund des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG an.

Begründung: Die Angaben zur Bezeichnung der dem Betroffenen zur Last gelegten Tat seien unvollständig. Es hätte im Bußgeldbescheid auch dargestellt werden müssen, welchen konkreten Inhalt die Auflage „Fahrzeit“ und die „Brückenauflagen“ hatten; demzufolge werde nicht konkretisiert, wodurch der Betroffene gegen die Auflagen verstoßen hat.

Fazit: Die Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, muss im Bußgeldbescheid so bezeichnet werden, dass der Betroffene erkennen kann, welches Tun oder Unterlassen den Gegenstand des Verfahrens bildet, gegen welchen Vorwurf er daher seine (mögliche) Verteidigung richten muss.Ist nicht neu, aber immer wieder schön zu lesen…

Und: Zur Konkretisierung des Tatvorwurfs kann der Akteninhalt lediglich ergänzend herangezogen werden. Denn das Erfordernis der abgrenzenden Funktion des Bußgeldbescheides würde letztlich aufgegeben, wenn er auch in solchen Fällen als Verfahrensgrundlage ausreichen würde, in denen der Tatvorwurf, wie es hier erforderlich gewesen wäre, in nahezu allen wesentlichen Punkten nachträglich aus der Akte rekonstruiert werden muss.

Bussgeldbescheid I: Nachkarten ist nicht, oder: Es muss alles sofort auf den Tisch

© Orlando Florin Rosu - Fotolia.com

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Zum Ende der Woche dann zwei – erfreuliche – Entscheidungen aus dem Rechts des Bußgeldbescheides. Erfreutlich deshalb, weil in beiden Entscheidungen die Bußgelverfahren eingestellt worden sind, weil die Bußgeldbehörden Fehler beim Erlass der Bußgeldbescheide gemacht haben. Zunächst der AG Essen, Beschl. v. 30.06.2016 – 38 OWi-90 Js 2760/15-953/15, den mir der Kollege Sticher aus Essen übersandt hat.

Es geht um folgenden Sachverhalt:  Der Betroffene wurde am 11.06.2015 um 11:00 Uhr während der Fahrt mit einem LkW kontrolliert. Wegen von den Polizeibeamten festgestellter Verstöße wurden in der Folgezeit mehrere Bußgeldbescheide erlassen und zwar einer am 24.06.2015 wegen nicht verkehrssicheren Verstauens von Ladung, einer am 14.10.2015 wegen Verstoßes gegen § 55 Abs. 1 GewO – Handel mit Schrott ohne Reisegewerbekarte – und einer am 22.10.2015 wegen Sammelns von Altmetallen ohne Berechtigung. Der Bußgeldbescheid vom 24.06.2015 wird rechtskräftig. Das AG hat im Beschl. v. 30.06.2016 nun das Verfahren gemäß § 206 a StPO i. V. m. §§ 46, 84 Abs. 1 OWiG eingestellt, weil eine Doppelverfolgung vorliegt.

„Der Bußgeldbescheid zu Ziff. 1) ist rechtskräftig. Damit besteht ein Verfolgungshindernis gemäß § 84 Abs. 1, da dieselbe Tat nicht mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann. In den beiden anderen Bußgeldbescheiden vom 14. und 22.10.2015 hat die Stadt Essen dieselbe Ordnungswidrigkeit noch einmal verfolgt. Dieselbe Tat ist im verfahrensrechtlichen Sinne zu verstehen, es liegt nur ein einziger historischer Vorgang vor, der nicht Gegenstand mehrerer verschiedener Verfahren sein kann. Sämtliche Bußgeldbescheide enthalten denselben Tatort und dieselbe Tatzeit. Es liegt eine natürliche Handlungseinheit vor.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Verwaltungsbehörde, die den ersten Bußgeldbescheid erlassen hat, für die Ahndung der im Bußgeldbescheid nicht berücksichtigten weiteren Ordnungswidrigkeiten sachlich gar nicht zuständig gewesen wäre. Macht eine Verwaltungsbehörde eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne zum Gegenstand ihrer bußgeldrechtlichen Untersuchung, so trifft auch sie eine umfassende Kognitionspflicht wie sie der Strafrichter im Strafverfahren zu beachten hat. Der geschichtliche Vorgang ist deshalb erschöpfend im Hinblick auf verwirklichte Bußgeldtatbestände zu untersuchen. Im Falle eines Bußgeldbescheides über die Tat im verfahrensrechtlichen Sinne entsteht bei Rechtskraft eine Sperrwirkung hinsichtlich der Verfolgung aller Bußgeldtatbestände, die in der Tat im verfahrensrechtlichen Sinne liegen, unabhängig davon, ob sie seinerzeit erkannt oder übersehen wurden.“

Also: Nachkarten ist nicht, oder: Es muss alles sofort auf den Tisch.

Behindertenparkplatz, oder: Schwerbehinderung als Mitverschulden?

entnommen wikimedai.org Urheber 4028mdk09

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Urheber 4028mdk09

Heute dann mal in der Woche Zivilrecht, und zwar ein Hinweis auf den BVerfG, Beschl. v. 24.03.2016 – 1 BvR 2012/13. Er ist in einem Zivilverfahren ergangen, in dem die Klägerin, die auf die Benutzung einesRollstuhls angewiesen ist, von einer Gemeinde Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangt hat. Die Klägerin hatte ih­ren Pkw auf ei­nem Behindertenparkplatz vor dem Rathaus der Beklagten ge­parkt. Diese Parkplätze waren/sind mit un­re­gel­mä­ßi­gen Kopfsteinen ge­pflas­tert. Als die Klägering vom Fahrersitz auf den durch Bremsen ge­si­cher­ten Rollstuhl ne­ben ih­rem Pkw (um)stei­gen wollte, stürzte sie und ver­letzte sich. Sie hat behauptet, dass der Rollstuhl auf Grund des un­ebe­nen Bodenbelages weg­gerutscht ist. Die Klägerin hat beim LG verloren. Das OLG Schleswig hat ihre Berufung zu­rück­ge­wie­sen, da die Klägerin ein über­wie­gen­des Mitverschulden an dem Unfall ge­gen sich gel­ten las­sen müsse. Sie habe sich nämlich durch die Nutzung des Parkplatzes ei­ner ihr be­kann­ten und ver­meid­ba­ren Gefahr aus­ge­setzt. Das er­gebe sich u.a. auch dar­aus, dass sie sich in der Vergangenheit öf­fent­lich kri­tisch u. a. über die man­gelnde Rollstuhltauglichkeit des Kopfsteinpflasters in der Stadt ge­äu­ßert habe. Nach Auffassung des OLG sei es der Klägerin zu­zu­mu­ten ge­we­sen, ei­nen ent­fern­ten Parkplatz zu be­nut­zen, auch wenn sie da­durch Umwege neh­men müs­se.

Das BVerfG hat es anders gesehen und hat die OLG-Entscheidung we­gen ei­ner Verletzung von Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG aufgehoben:

Gespräche im Beratungszimmer, oder: Wenn die StK die Verfahrensbeteiligten „mitnehmen“ will

© Corgarashu – Fotolia.com

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Im Moment scheint an der „Verständigungsfront“ (§ 257c StPO) Ruhe zu sein = es gibt derzeit nicht so viele Entscheidungen (des BGH), über die man berichten könnte. Hinweisen möchte ich dann aber doch auf ein schon etwas älteres Urteil des BGH, nämlich das BGH, Urt. v. 23.03.2016 –   2 StR 121/15, das sich noch einma/mal wieder mit der Frage der sich aus § 243 Abs. 4 Satz 2 ergebenden Mitteilungspflicht befasst, hinweisen. Grundlage ist folgender Sachverhalt:

Das LG Erfurt verurteilt die Angeklagte in einem ersten Urteil wegen Totschlags durch Unterlassen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dieses Urteil wird vom BGH im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben (Beschl. v. 06.12.2012 – 2 StR 170/12). Im zweiten Durchgang wird die Angeklagte dann zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen erneut die Revision, die mit einer Verfahrensrüge einr Verletzung der § 243 Abs. 4 Satz 2, § 273 Abs. 1a StPO Erfolg hat. Der Rüge liegt dann folgendes Prozessgeschehen zu Grunde:

„Nachdem der Verteidiger vor Beginn der Hauptverhandlung zweimal beim Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer angefragt hatte, ob eine Verständigung in Betracht komme, worauf dieser ablehnend reagiert hatte, teilte der Vorsitzende zu Beginn der Hauptverhandlung mit, dass eine Verständigung nicht stattgefunden habe. In der neuen Beweisaufnahme zur Straffrage äußerte die gerichtliche Sachverständige, es komme auch die Annahme von Schuldunfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit in Betracht. Danach unterbrach das Gericht um 15.10 Uhr die Hauptverhandlung. Auf Initiative des Vorsitzenden fand im Beratungszimmer ein Rechtsgespräch zwischen den Mitgliedern der Schwurgerichtskammer, dem Verteidiger und dem Staatsanwalt statt. Die Erörterungen bezogen sich auf das neue Sachverständigengutachten und betrafen die Frage, wie die Möglichkeit einer Schuldunfähigkeit der Angeklagten zur Tat-zeit angesichts der Rechtskraft des Schuldspruchs weiter zu prüfen sei. Insbesondere wurde die Frage besprochen, ob die in der ersten Hauptverhandlung vernommene Sachverständige erneut zu hören oder ein weiterer Sachverständiger hinzuzuziehen sei. Argumente dazu wurden ausgetauscht. Der Verteidiger betonte, dass das Ziel der Verteidigung die Herbeiführung einer Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung sei. Der Sitzungsvertreter der Staatsan-waltschaft lehnte ein solches Ergebnis ab. Hiernach beriet die Schwurgerichtskammer in Abwesenheit der Verfahrensbeteiligten darüber, wie weiter verfahren werden sollte.

In der ab 16.18 Uhr fortgesetzten Hauptverhandlung wurde kein Hinweis auf Gegenstand und Verlauf des Rechtsgesprächs gegeben und protokolliert.

M.E. braucht man gar nicht groß, weiter zu lesen, um zu erfahren, was kommt bzw. was der BGH ausführt. Denn: Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH zu § 243 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO lag m.E. auf der Hand, dass es sich bei diesem Gespräch zwischen den Mitgliedern der Schwurgerichtskammer, dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger um eins gehandelt hat, das der Mitteilungspflicht unterlag. So auch der BGH:

„b) Nach diesem Maßstab unterlag das Rechtsgespräch im Beratungszimmer den Regeln über Transparenz und Dokumentation.

Schon aus der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden der Strafkammer ergibt sich, dass das Rechtsgespräch auf seinen Vorschlag außerhalb der Hauptverhandlung mit den Verfahrensbeteiligten geführt wurde, um zu erörtern, welche rechtlichen Probleme das Ergebnis des Gutachtens nach sich ziehen könnte. Weil die Sachverständige ausgeführt hatte, es habe möglicherweise zur Tatzeit sogar Schuldunfähigkeit der Angeklagten vorgelegen, sollte die Wirkung der Teilrechtskraft im Hinblick auf die bindenden Feststellungen zum Schuldspruch mit den Verfahrensbeteiligten besprochen werden. Dazu wurden Argumente ausgetauscht. Zuletzt wies der Verteidiger auf sein Prozessziel hin, eine Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung zu erreichen. Dies „nahm die Kammer lediglich ohne Kommentierung zur Kenntnis, nachdem der Sitzungsvertreter (der Staatsanwaltschaft) einer solchen ausdrücklich entgegentrat“.

Aus diesem Geschehensablauf ergibt sich, dass die Strafkammer die Verfahrensbeteiligten auf dem Weg der weiteren Entscheidungsfindung im Hinblick auf verfahrensbezogene Maßnahmen sowie ihr Prozessverhalten (vgl. § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO) „mitnehmen“ wollte. Das Rechtsgespräch betraf damit nicht lediglich Fragen, die ausschließlich der Organisation sowie der verfahrenstechnischen Durchführung der Hauptverhandlung dienten. Dass es zu einem „Verständigungsvorschlag“ des Gerichts nicht gekommen ist, war möglicherweise der Tatsache geschuldet, dass der Verteidiger seine Ergebnisvorstellung geäußert und der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft dieser sogleich widersprochen hatte.

Ansatzpunkte für eine Verständigung waren vorhanden. Zwar entfällt in einem Fall, in dem sich nach Rechtskraft des Schuldspruchs aufgrund weiterer Beweiserhebungen neue Anhaltspunkte für die Schuldunfähigkeit eines Ange-klagten zur Tatzeit ergeben, nach der bisherigen Rechtsprechung – entgegen einer in der Literatur verbreiteten Auffassung (vgl. LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 353 Rn. 31; SK/Frisch, StPO, 4. Aufl., Vor §§ 296 ff. Rn. 296 mwN) – nicht die Bindung des neuen Tatgerichts an den rechtskräftigen Schuldspruch und die zugehörigen Feststellungen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1955 – 4 StR 68/55, BGHSt 7, 283, 287). Jedoch kann die Feststellung von Schuldunfähigkeit nach Teilrechtskraft des Schuldspruchs jedenfalls zur Folge haben, dass das erkennende Gericht nur noch die Mindeststrafe verhängen kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1958 – 5 StR 377/58, GA 1959, 305, 306; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 28. Aufl., § 53 Rn. 19; a.A. BGH, Anfragebeschluss vom 12. Februar 1998 – 4 StR 521/97, StraFo 1998, 163, 164).

Demnach betrafen die Erörterungen der Strafkammer mit den Verfahrensbeteiligten eine umstrittene Frage von offensichtlich erheblicher Bedeutung für das Prozessergebnis. Die Führung des Rechtsgesprächs außerhalb der Hauptverhandlung auf Vorschlag des Vorsitzenden der Strafkammer in unmit-telbarem Anschluss an die überraschende Äußerung der Sachverständigen, dass die Angeklagte zur Tatzeit sogar schuldunfähig gewesen sein könne, weist darauf hin, dass hierüber Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten herge-stellt werden sollte. Dass diese Gesprächsführung außerhalb der Hauptverhandlung jedenfalls auch dahin verstanden werden konnte, zeigt die Tatsache, dass der Verteidiger im Hinblick auf die veränderte Verfahrenslage erneut auf sein Prozessziel hingewiesen hat.

Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von demjenigen, den der 5. Strafsenat in seinem Beschluss vom 14. April 2015 – 5 StR 9/15 (StV 2016, 87, 88 f. mit Anm. Kudlich) entschieden hat. Die Nichterteilung eines Hinweises auf die Gesprächsführung und den wesentlichen Inhalt sowie das Unterlassen seiner Protokollierung war hier rechtsfehlerhaft.“

Ich frage mich, warum die Strafkammer bzw. der Vorsitzende eigentlich nicht von sich aus auf die Idee gekommen ist, dieses Gespräch mitzuteilen. Dass es mitteilungspflichtig war, ist m.E. offensichtlich. Dafür brauche ich nicht den BGH.

Und: Was vergibt man sich, wenn man mitteilt“, obwohl keine Mitteilungspflicht bestand? Antwort: Nichts. Aber man hat einen potentiellen Revisionsgrund aus dem Weg geschafft und ist ggf. einer endgültigen Entscheidung, auf die ja nun auch die Angeklagte einen Anspruch hat, ein großes Stück näher gekommen.

Verlesungsverbot, oder: Schriftsätzliche Erklärungen des Verteidigers

© Spencer - Fotolia.com

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Seit längerem hat man zur Frage der Verlesbarkeit von Erklärungen des Angeklagten nichts gehört (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 8. Aufl., 2016, Rdn 2934 ff.). Der OLG Koblenz, Beschl. v. 12.05.2016 – 2 OLG 4 Ss 54/16 -, auf den mich mein „Hinweisgeber des Vertrauens – Danke Oliver Garcia hingewiesen hat – greift die Problematik nun mal wieder auf und löst sie anhand der dazu vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung überzeugend. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Was zu beachten ist, ergibt sich aus den Gründen des OLG-Beschlusses:

„Die form- und fristgerecht angebrachte Revision hat einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die neben anderen Verfahrensrügen und der Sachrüge zulässig erhobene Rüge der Verletzung des § 250 Satz 2 StPO führt zur Aufhebung des Urteils.

1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung und zuvor auch im Ermittlungsverfahren Angaben zur Sache verweigert. In der Berufungshauptverhandlung wurden zwei bei der Akte befindliche Schriftsätze seines Verteidigers vom 6. Februar 2015 auszugsweise verlesen. In dem an das Forstamt N. gerichteten Schriftsatz hatte der Verteidiger für den Angeklagten erklärt, dieser bedauere den Vorfall zutiefst und wolle sich für sein Verhalten entschuldigen; er habe ihn (den Verteidiger) gebeten abzuklären, inwieweit die Gegenseite zur Mitwirkung an einem Täteropferausgleich bereit sei. An die Staatsanwaltschaft gerichtet hatte der Verteidiger „namens und im Auftrag“ des Angeklagten mitgeteilt, dass dieser die Tatbegehung dem Grunde nach nicht bestreite. Beide Schriftsätze hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil seiner Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

2. Diese Verfahrensweise verstößt gegen § 250 Satz 2 StPO, worauf bereits die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 6. April 2016 zutreffend hingewiesen hat.

Die schriftsätzlichen Ausführungen des Verteidigers, in denen er Angaben des Angeklagten wiedergibt, waren hier nicht als schriftliche Erklärung des Angeklagten verlesbar (vgl. BGHSt 39, 305 Ls. 1). Es ist anerkannt, dass schriftliche Erklärungen, die der Angeklagte im anhängigen Verfahren zu der gegen ihn erhobenen Beschuldigung abgibt, verlesen werden können, selbst wenn er später Angaben verweigert. Denn das Gesetz lässt den Urkundenbeweis zu, wo es ihn nicht ausdrücklich untersagt (BGHSt 39, 305, 306; 20, 160, 162; 27, 135, 136). Das gilt jedoch nur für schriftliche Erklärungen, die der Angeklagte selbst abgegeben hat. Hat er sich gegenüber einer anderen Person geäußert und diese die Äußerung schriftlich festgehalten, so handelt es sich bei der Wiedergabe um die Erklärung dieser Person; sie schreibt nieder, was sie als Äußerung des Angeklagten wahrnimmt. Geht es um die Feststellung, ob der Angeklagte das schriftlich Niedergelegte geäußert hat, so ist die niederschreibende Person über ihre Wahrnehmung bei der Unterredung mit dem Angeklagten zu vernehmen (§ 250 StPO). Nichts anderes gilt, wenn die niederschreibende Person der Verteidiger ist (BGHSt 39, 305, 306; NStZ 2002, 555; OLG Celle NStZ 1988, 426). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte sich des Verteidigers nur „als Schreibhilfe“ bedient hat (vgl. hierzu BGHSt 39, 305, 307; NStZ 2002, 555), bestehen nicht. Es handelte sich um die nach Gewährung von Akteneinsicht an den beauftragten Verteidiger „namens und im Auftrag des Angeklagten“ erfolgte pauschale Mitteilung, dass dieser die Tatbegehung dem Grunde nach nicht bestreite, bei der ein Einfluss von eigenen Überlegungen des Verteidigers oder Missverständnissen jedenfalls nicht auszuschließen ist. Hinzukommt, dass der Verteidiger sich – wie die Urteilsgründe ausdrücklich ausführen (UA S. 4) – im Schlussvortrag darauf berufen hat, in den Schriftsätzen habe der Angeklagte die Tatverantwortung für eine andere Person übernommen. Ebenso wenig ist durch eine Erklärung des Angeklagten oder des Verteidigers klargestellt worden, dass der Angeklagte die in den Schriftsätzen vom 6. Februar 2015 enthaltenen Äußerungen als eigene Einlassung verstanden wissen wollte (vgl. BGH NStZ 2002, 555; NStZ 1990, 447). Aus dem Umstand, dass weder der Angeklagte noch der Verteidiger der Verlesung der Schriftsätze widersprochen haben, kann auf eine solche Zustimmung nicht geschlossen werden (vgl. BGH NStZ 2002, 555). Ihr stehen auch die Ausführungen des Verteidigers im Schlussvortrag entgegen. Da es um die Feststellung ging, ob der Angeklagte das schriftlich Niedergelegte geäußert hat, wäre der Verteidiger als Zeuge zu vernehmen gewesen (BGHSt 39, 305; NStZ 2002, 555; OLG Celle aaO).

Die Kammer hat den Nachweis der Täterschaft des Angeklagten im Wesentlichen auf den Inhalt der verlesenen Schriftsätze des Verteidigers gestützt (UA S. 6). Da es sich hierbei um die gewichtigsten Beweise für die Täterschaft handelt, kann trotz der im Übrigen aufgezeigten, für die Beteiligung des Angeklagten sprechenden Zeugenaussagen und Schlussfolgerungen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht.“