Zwei Monate rechtswidrig in der „Psychiatrie“ – zumindest 25.000 € Schmerzensgeld

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Eine m.E. in der Praxis eher seltenere Fallgestaltung hat das OLG Karlsruhe mit dem OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.11.2015 – 9 U 78/11 – entschieden. Es hat nämlich dem Kläger, der für rund zwei Monate (rechtswidrig) in einer psychiatrischen Klinik untergebracht war, u.a. 25.000 € Schmerzensgeld zugesprochen. Der Kläger war am 15.06.2007 von Polizeibeamten in eine von der Beklagten betriebene psychiatrische Klinik gebracht worden. Ärzte dieser Klinik beantragten beim zuständigen AG die Anordnung der Unterbringung des Klägers wegen einer „Psychose mit Verfolgungswahn“.  Es sei von „Fremd- und Eigengefährdung“ auszugehen. Das AG ordnete in mehreren Beschlüssen die Unterbringung des Klägers in der psychiatrischen Klinik an. Aufgrund dieser Entscheidungen blieb der Kläger bis zum 11.08.2007 gegen seinen Willen in der Klinik und wurde in dieser Zeit zwangsweise medikamentös behandelt. Nach Entlassung des Klägers wurde auf dessen Antrag im Beschwerdeverfahren dann festgestellt, dass die Unterbringung rechtswidrig gewesen sei. Die Voraussetzungen einer Unterbringung hätten nach den Vorschriften des Unterbringungsgesetzes nicht vorgelegen. Der Kläger verlangte dann Schmerzensgeld und Schadensersatz im Wege der Amtshaftung für die durch die Unterbringung erlittenen Beeinträchtigungen. Zu der rechtswidrigen Unterbringung sei es nur auf Grund fehlerhafter ärztlicher Zeugnisse der verantwortlichen  Ärzte gekommen. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, weil eine Amtspflichtverletzung der Ärzte nicht erkennbar sei. Das Urteil hat das OLG Karlsruhe nunmehr aufgehoben und dem Kläger für die knapp zweimonatige Unterbringung und zwangsweise medikamentöse Behandlung ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 € zugesprochen.

Zur Begründung dazu – zusammengefasst aus der PM des OLG – Rest bitte selbst lesen:

„Eine Amtspflichtverletzung der Ärzte liege vor. Bei der Ausstellung der für die Unterbringung notwendigen ärztlichen Zeugnisse seien von den Ärzten grundlegende fachliche Standards missachtet worden. Für eine Gefährdungsprognose im Sinne einer Eigen- und Fremdgefährdung habe es keine Grundlage gegeben. Unter diesen Umständen komme es nicht darauf an, ob bei dem Kläger zum Zeitpunkt der Unterbringung eine psychische Erkrankung vorgelegen habe, da eine psychische Erkrankung für sich allein – ohne Eigen- oder Fremdgefährdung – keine zwangsweise Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik rechtfertigen könne.  Schadensersatz für materielle Schäden wurde dem Kläger nur insoweit zugesprochen, als eine Verursachung der behaupteten finanziellen Einbußen durch die rechtswidrige Unterbringung nachzuweisen war.“

Nun  ja, 25.000 € ist ja schon mal was, aber „Bäume kann man damit nicht ausreißen“. Und: Wenn man liest, was der Kläger alles nicht im Wege des Schadensersatzes ersetzt bekommt ……

P.S. Dies hier eingestellte Entscheidung war dann übrigens die Nr. 3333.

6 Gedanken zu „Zwei Monate rechtswidrig in der „Psychiatrie“ – zumindest 25.000 € Schmerzensgeld

  1. Sascha Petzold

    Müsste hier nicht auch der Schadenersatz nach Art 5 Abs. 5 EMRK greifen. Soweit ich weiß billigt der EGMR € 500 pro angefangenen Tag der Freiheitsentziehung zu. Die Klagen nach EMRK bei nationalen Gerichten sind leider noch nicht wirklich bekannt.
    Wer mehr erfahren will, schaut am besten ins Seminarprogramm des RAV und kommt im Februar nach München.
    Sascha Petzold

  2. Gawrischuk, Alexander

    Müsste für eine Zwangseinweisung in eine Psychiatrie nicht immer eine akute Eigen- und Fremdgefährdung vorliegen und nicht nur eine banale „Gefahr“ ?
    Wir sind alle „Selbst- und Fremdgefährdent“ und von daher liegt eine Diskriminierung sowie eine nicht zulässige Menschenrechtsverletzung, bzw. Mobbing und Verdacht auf falsche Gefahr, bzw. Rufmord / falsche Behauptung (aufstellen von Schutzbehauptungen = Lügen) strafbar gem. Paragr. 164 StgB und Verleumdung vor ?!

  3. Gawrischuk, Alexander

    Wegen „Gefahr“ doch nicht, da könnte man ja alles und jeden einsperren (siehe Nazi-Schutzhaft) !

  4. Frenken Carmen

    Hallo ich habe eine frage ich War 10 Wochen unschuldig laut Paragraph 126a in der Forensik Ansbach untergebracht um ein Gutachten erstellen zu lassen ob ich schuldfähig wäre oder nicht. Nun es kam raus das keinerlei psychische Erkrankungen vorliegen usw. Daraufhin wieder Untersuchungshaft JVA. Werde ich für die Unterbringungszeit auch entschädigt oder nur die Zeit in der JVA zumal ich vom Landgericht einen Freispruch erhalten habe. Und mir Haftetschädigung zugesprochen wurde

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