Das Schnittbrot und die Körperverletzung

© ernsthermann - Fotolia.com

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Zunächst hatte ich gedacht, dass es bei dem KG, Beschl. v. 16.05.2015 – (2) 121 Ss 73/15 (33/15) – um die Frage geht, ob ggf. ein „Schnittbrot“ ein gefährliches Werkzeug i.S. des § 224 StGB ist/sein kann. Aber genauerem Hinsehen stellt man dann aber sehr schnell fest, dass es um eine ganz andere Frage aus dem Bereich der Körperverletzung geht, nämlich um die Abgrenzung von vorsätzlicher zu fahrlässiger Körperverletzung (§§ 223, 229 StGB, und zwar bei folgendem „Kerntatgeschehen“: Der Angeklagte – BAK von 1,19 Promille – der beide beobachtet hatte und sich in aggressiver Stimmung befand, schrie den Zeugen T. an, ,,was der Scheiß mit dem Brot solle, er solle Bier besorgen“. Dann ging der Angeklagte zu ihm hin, nahm ihm das Brot ab und drückte es dem Zeugen S. so heftig in die – in Abwehrhaltung ausgestreckten – Hände, dass diese verdreht wurden und der Fingernagel des rechten Mittelfingers umgeknickt wurde, wodurch das Nagelbett blutete. Das LG hat bedingten Vorsatz der Körperverletzung angenommen und u.a. wegen eines Verstoßes gegen § 223 StGB verurteilt.

KG sieht das anders und beanstandet die Beweiswürdigung zum bedingten Vorsatz:

Vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes muss sich der Tatrichter – wie vom Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale auch – auf der Grundlage einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände überzeugen (§ 261 StPO). Beide Vorsatzelemente müssen zudem durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (BGH, Urteil vom 27. August 2013 a.a.O.). Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteile vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14 – [juris]; vom 18. Januar 2011 – 1 StR 600/10 – [juris] = NStZ 2011, 302; vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97 – [juris]). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 4 StR 360/12 – [juris]). Dazu gehört auch, dass der Tatrichter in seine Erwägungen auch diejenigen Umstände einbezieht, die seine Überzeugung vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes in Frage stellen können.

Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung zum bedingten Körperverletzungsvorsatz des Angeklagten nicht gerecht. Es fehlt die Auseinandersetzung mit der sich unter den gegebenen Umständen aufdrängenden Frage einer nur fahrlässigen Begehungsweise. Ausweislich der Urteilsgründe ist nicht in Erwägung gezogen worden, dass der Angeklagte bei Aushändigung des Brotes an den Zeugen S. die Möglichkeit der Verletzung verkannte. In den Feststellungen heißt es zum subjektiven Tatbestand ohne nähere Begründung, der Angeklagte habe die Verletzungsfolge billigend in Kauf genommen. Allein aus dem objektiven Geschehen konnte vorliegend aber noch nicht auf einen bedingten Verletzungsvorsatz des Angeklagten geschlossen werden. Nur bei äußerst gefährlichen Handlungen liegt es allein auf Grund des objektiven Tatgeschehens nahe, dass der Täter mit dem Verletzungserfolg rechnet und – weil er mit seinem Handel gleichwohl fortfährt – einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 1992 – 5 StR 300/92 – [juris]). Eine solchermaßen gefährliche Handlung fehlt jedoch vorliegend. Der Darstellungsmangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache im angegebenen Umfang.“

Also: An der Stelle geht es in die zweite Runde.

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