Bekomme ich mein Privatgutachten erstattet?

© mpanch - Fotolia.com

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Der LG Wuppertal, Beschl. v. 13.04.2015 – 23 Qs-622 Js 3 78/13-43/15 -, der mir erst jetzt zugesandt worden ist, behandelt eine kostenrechtliche Problematik, die in der Praxis immer wieder eine Rolle spielt. Nämlich die Frage: Kann der Angeklagte/Betroffene, der nach Freispruch/Einstellung des Verfahrens einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Staatskasse hat, ggf. auch die Kosten geltend machen, die für eigene Ermittlungen, wie z.B. Privatgutachten, entstanden sind? Die (obergerichtliche) Rechtsprechung ist in der Frage recht restriktiv und argumentiert meist mit dem – in meinen Augen – wenig überzeugenden Argument, dass das grundsätzlich nicht möglich ist, weil der Betroffene ja die Möglichkeit habe, einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen, um so die Ermittlungsbehörden zu Ermittlungen zu veranlassen. Schöne Worte, die letztlich nur auf dem Papier stehen, da im Ermittlungsverfahren Beweisanträge des Beschuldigten/Betroffenen meist keinen Erfolg haben.

Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung i.d.R. nur, wenn der Beschuldigte/Betroffene zunächst alle prozessualen Mittel zur Erhebung des gewollten Beweises ausgeschöpft hat und sich nicht mehr anders verteidigen konnte. Kosten für ein Privatgutachten werden danach nur im Einzelfall erstattet, wenn das Gutachten aus Sicht des Betroffenen (ex ante) bei verständiger Betrachtung der Beweislage als für seine Verteidigung notwendig erscheint oder zur Abwehr des erhobenen unbedingt notwendig war.

Und einen solche Fallgestaltung bejaht das LG Wuppertal:

„Im vorliegenden Einzelfall war die Einholung eines schriftlichen Privatgutachtens aus Gründen der Waffengleichheit notwendig und zweckentsprechend. So hatte die Staatsanwaltschaft bereits im Ermittlungsverfahren die Gutachterin Dipl.-Ing. M. beauftragt, die in ihrer schriftlichen Ausarbeitung zu dem Schluss kam, dass die Berührung jedenfalls taktil/kinästhetisch für einen „normal veranlagten Fahrzeuglenker“ bemerkbar gewesen sei. In der konkreten Verfahrenslage war es dem ‚Beschwerdeführer nicht möglich, durch den Zugriff auf erfolgte Testversuche, wie sie dem Sachverständigen A. vorgelegen haben, das staatsanwaltschaftliche Gutachten infrage zu stellen. Die Zweckmäßigkeit dieses Vorgehen zeigte sich vor allem darin, dass sich aufgrund des schriftlichen Sachverständigengutachtens das Amtsgericht dazu veranlasst sah, den Sachverständigen A. zur Hauptverhandlung zu laden und auch als Sachverständigen zu vernehmen. Nach eingehender Befragung des Sachverständigen A. unter Einschaltung der Sachverständigen K. sprach das Amtsgericht den Beschwerdeführer frei. Dies entsprach im Übrigen den zuvor gestellten Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Angesichts dessen können keine Zweifel daran bestehen, dass das privat eingeholte Gutachten das Verfahren in einem besonderen Maße gefördert hat, mit der Folge, dass die insoweit entstandenen Auslagen als notwendig zu qualifizieren und damit dem Grunde nach erstattungsfähig sind.“

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