Ein Klassiker: Das Konkurrenzverhältnis von Fälschen und Gebrauchmachen bei der Urkundenfälschung

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Konkurrenzprobleme sind/waren im Studium immer unbeliebt – jedenfalls bei mir. Aber: Sie spielen in der Praxis ggf. eine große Rolle und sind auch für den Angeklagten von Bedeutung, weil die damit zusammenhängenden Fragen Auswirkungen auf die Strafzumeesung haben (können). So der BGH, Beschl. v. 16.07.2015 – 4 StR 279/15, der einen Klassiker behandelt, nämlich das Konkurrenzverhältnis von Fälschen und Gebrauchmachen bei der Urkundenfälschung (§ 267 StGB). Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung verurteilt. Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte mit seinem Pkw öffentliche Straßen, obwohl er nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. Er hatte zuvor an dem zwangsentstempelten Fahrzeug andere Zulassungsstempel angebracht, die den echten Stempeln täuschend ähnlich sahen, um bei etwaigen polizeilichen Kontrollen einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Die Manipula­tion fiel kontrollierenden Polizeibeamten bei einer Kontrolle nicht auf. Zwei Tage später befuhr der Angeklagte erneut öffentliche Straßen mit jenem Pkw. Das LG ist ist von zwei Taten ausgegangen, der BGH hat es anders gesehen, den Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass nur eine Tat vorlag, im Rechtsfolgenausspruch dann aber nicht aufgehoben, weil nach seiner Auffassung eine mildere Strafe auszuschließen ist.

b) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er an den mit seinem Kraftfahrzeug verbundenen entstempelten amtlichen Kennzeichen das Falsifikat einer Stempel-plakette, die auch den angeblichen Aussteller erkennen ließ (UA 32), angebracht hatte (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 370). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkun-de gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II.1. und 2. das mit den manipulierten Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern sowie mit der Verkehrsüberwachung befassten Polizeibeamten die unmit-telbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehen-den konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3, und vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15). Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die falschen Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht, um „bei et-waigen polizeilichen Kontrollen“ einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Damit hatte er schon beim Anbringen der Kennzeichen den ein einheitliches Urkundsdelikt im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung konstituierenden konkreten Gesamtvorsatz. Das hat zur Folge, dass der mit beiden Fahrten verwirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der beiden Fahrten begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15).“

Im Rechtsfolgenausspruch hat der BGH dann aber nicht aufgehoben, da nach seiner Auffassugn eine mildere Strafe auszuschließen war. Na ja.

Ein Gedanke zu „Ein Klassiker: Das Konkurrenzverhältnis von Fälschen und Gebrauchmachen bei der Urkundenfälschung

  1. RA Müller

    Mir steht noch die Anmerkung des Korrekturs unter einer Strafrechtsklausur vor Augen, die sich auf meine nebenstehende Begründung bezog, warum Tateinheit vorlag. So vermerkte der Korrektor: „Ich ging davon aus, daß es sich um Tatmehrheit handelt, aber wer hat schon Ahnung von Konkurrenzen.“

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