Erkennungsdienstliche Behandlung: Einstellung ist nicht gleich Einstellung?

© psdesign1 - Fotolia.com

© psdesign1 – Fotolia.com

Viele Mandanten/ehemalige Beschuldigte denken nach der Einstellung eines gegen sie anhängigen Ermittlungsverfahrens: Das war es. Jetzt habe ich Ruhe. Und sie sind dann überrascht, wenn dann doch noch eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO angeordnet wird und fragen: Geht das?

So auch der Kläger im Verfahren, das dann zum VG Münster, Urt. v. 27.05.2015 – 1 K 115/14 – geführt hat. Er war Beschuldigter in einem  Ermittlungsverfahren wegen Nachstellung. Ihm wurde vorgeworfen über einen längeren Zeitraum (mindestens von August bis Oktober 2013) versucht haben, sowohl seine ehemalige Ehefrau als auch seine Ex-Freundin unabhängig voneinander durch Drohungen und Einschüchtern mittels ständiger (auch nächtlicher) SMS, Anrufe und via Internet dazu zu bewegen, die Trennung rückgängig zu machen bzw. die Beziehung aufrecht zu halten.Das Ermittlungsverfahren wurde im November 2013 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und die Anzeigeerstatterinnen/Geschädigten wurden auf den Privatklageweg verwiesen. In der Vergangenheit waren gegen den Kläger zudem auch noch weitere Ermittlungsverfahren anhängig gewesen, die sämtlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind.

Das VG Münster hat dem Kläger die Antwort auf die seine Frage: Geht das?, gegeben. Ja es geht, und zwar grdunsätzlich auch noch nach Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO:

„Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen auch nicht entgegen, dass sämtliche Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden. Entscheidend ist allein, ob ein hinreichender Verdacht besteht, die betroffene Person werde künftig wieder straffällig werden. Ein solcher (Rest-)Verdacht kann auch dann vorliegen, wenn alle Strafverfahren gegen die betroffene Person eingestellt worden sind.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 2002 – 1 BvR 2257/01-, […], Rn. 11; VGH Mannheim, Beschluss vom 20. Februar 2011 – 1 S 2054/00 -, NVwZ 2001, 1289 (1290); Tegtmeyer/Vahle, PolG NRW, § 14 Rn. 11.

Gegen den Kläger besteht nach den obigen Ausführungen nach wie vor ein „Restverdacht“. Aus den ausführlichen Darlegungen des Beklagten in der Klageerwiderung vom 00.00.0000und den in den übersandten Verwaltungsvorgängen enthaltenen Strafanzeigen ergibt sich, dass gegen den Kläger seit 2009 insgesamt acht strafrechtliche Ermittlungsverfahren geführt wurden. Der Restverdacht beruht – wie oben bereits geschildert – insbesondere auf den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wegen Nachstellung. Die gegen den Kläger geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurden nicht nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil der Kläger die Taten erwiesenermaßen nicht begangen hat, sondern weil oftmals Aussage gegen Aussage stand oder weil – wie im Fall der Nachstellung – eine Anklageerhebung nicht im öffentlichen Interesse lag.“

Nun, so ganz überzeugend ist das für mich nicht. Einstellung ist also nicht gleich Einstellung?

2 Gedanken zu „Erkennungsdienstliche Behandlung: Einstellung ist nicht gleich Einstellung?

  1. Thomas Hochstein

    Nein, Einstellung (nach § 170 Abs. 2 StPO) ist nicht gleich Einstellung (und gleiches gilt für den Freispruch und die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens). Nur wenn der Tatverdacht entfallen ist, also kein wesentlicher Restverdacht mehr bleibt, oder sich gar umgekehrt die Unschuld erwiesen hat, gibt es Einschränkungen bei der Speicherung personenbezogener Daten bei den Justizbehörden ( § 484 Abs. 2 S. 2 StPO) und sind die Daten in polizeilichen Dateien zu löschen (für das BKA als Zentralstelle bspw. geregelt in § 8 Abs. 3 BKAG). Das hat unmittelbare Folgen (bspw.) für die Speicherung in der DAD – ist einmal eine Anordnung nach § 81g StPO ergangen, kommt auch beim Freispruch oder der Einstellung eine Löschung nur nach § 8 Abs. 3 BKAG in Betracht); auch werden die Verfahrensdaten jedenfalls in den Dateien der Justizbehörden in der Regel nur in diesen Fällen gesperrt. Mittelbare Folgen hat es für präventiv-polizeiliche Bewertungen wie eben auch erkennungsdienstliche Behandlungen, denn man kann aus der Befugnis zur Speicherung, Verarbeitung und Nutzung den Schluss ziehen, dass die Daten auch für solche Bewertungen verwertet werden dürfen. Ansonsten wäre eine weitere Speicherung ja auch sinnlos.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert