Der Wurf mit einem Stein – gefährliche Körperverletzung?

© Dan Race Fotolia .com

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Die Rechtsprechung des BGH muss sich immer wieder mit der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 StGB) und den damit zusammenhängenden Fragen nach einem „anderen gefährlichen Werkzeug“ (Nr. 2) und den dazu zu treffenden tatsächlichen Feststellungen befassen. So auch der BGH, Beschl. v. 10.06.2015 – 1 StR 190/15. Der hat allerdings den Schwerpunkt an einer anderen Stelle, nämlich bei der Frage der Unterbringung der Angeklagten nach § 63 StGB. Dabei spielen aber die mit § 224 StGB zusammenhängenden Fragen (auch) eine Rolle.

Gegenstand des Urteils war u.a. folgender Vorfall:

„Am 19. August 2012 fuhren der bereits genannte Zeuge N. und seine Ehefrau mit dem Fahrrad in Richtung ihres Hauses, das dem von der Angeklagten bewohnten gegenüber liegt. Kurz bevor das Ehepaar ankam, beschimpfte die Angeklagte die ihr entgegenkommenden Personen, nahm sodann einen Stein vom Boden und warf diesen in Richtung der beiden. Der Stein traf die Straße vor dem Fahrrad des Zeugen und rollte von der Straße herunter. Hierbei nahm die Angeklagte billigend in Kauf, dass der Zeuge oder sein Fahrrad von dem Stein getroffen werden und der Zeuge hierdurch verletzt werden könnte.“

Das LG hat den Vorfall als versuchte gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs gewertet.

Dazu der BGH:

„Soweit die Angeklagte bezüglich des Steinwurfs wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, hat das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht erörtert, ob die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB vorliegen. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt und aufgrund entsprechender Angaben der Angeklagten liegt nahe, dass es am Standort der Angeklagten noch mehr Steine gab, mit denen die Angeklagte den Zeugen oder sein Fahrrad hätte treffen können. Dass ein fehlgeschlagener Körperverletzungsversuch vorlag, der einen Rücktritt ausschließen würde, ist nach den Feststellungen des Landgerichts nicht ersichtlich. Die Angeklagte könnte damit vom Versuch der gefährlichen Körperverletzung durch bloßes Nichtweiterhandeln strafbefreiend zurückgetreten sein. Deshalb kann der Schuldspruch nicht bestehen bleiben.“

Und – in der Segelanweisung:

„a) Nach den Feststellungen des Landgerichts bleibt offen, welche Größe der von der Angeklagten geworfene Stein gehabt hat; in Betracht kommt angesichts der Gesamtumstände als Wurfgegenstand auch ein kleiner Kieselstein. Die Größe des Steins ist aber nicht nur für die Frage entscheidend, ob ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB vorliegt, sondern auch im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose relevant.

b) Soweit das Landgericht darauf abstellt, der Stein hätte auch das Fahrrad des Zeugen treffen und den Zeugen damit zu Fall bringen können, wären die Voraussetzungen für eine gefährliche Körperverletzung nicht erfüllt, weil diese nicht „mittels“ des gefährlichen Werkzeugs, sondern durch den Sturz vom Fahrrad verursacht worden wäre (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl. 2015, § 224 Rn. 7a mwN).“

Man sieht mal wieder, auf welche Kleinigkeiten es ankommen kann.

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