Gerade hereingekommen: Pflichtverteidiger im Strafvollstreckungsverfahren?

© G.G. Lattek - Fotolia.com

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Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Strafvollstreckungsverfahren ist weitgehend Richterrecht. § 140 StPO gilt direkt nur für das Erkenntnisverfahren. Er wird im Strafvollstreckungsverfahren nur analog angewendet. Demgemäß sind da dann doch recht viele Fragen offen. Vor allem auch die, wann von der „Schwere der Tat“ auszugehen ist, und dabei vor allem, ob die zeitlichen Grenzen aus dem Erkenntnisverfahren entsprechend gelten, also ab einem Jahr (noch zu vollstreckende Freiheitsstrafe i.d.R. eine Pflichtverteidiger zu bestellen ist.

Dazu passt dann der LG Magdeburg, Beschl. v. 12.03.2015 – 22 Qs 13/15. Danach gilt:  Im Vollstreckungsverfahren ist dem Verurteilten jedenfalls bei dem drohenden Widerruf von Freiheitsstrafe von nahezu zwei Jahren in der Regel wegen Schwere der Tat gem. § 140 StPO analog ein Pflichtverteidiger beizuordnen.

Immerhin.

3 Gedanken zu „Gerade hereingekommen: Pflichtverteidiger im Strafvollstreckungsverfahren?

  1. RA Meyer

    Nun, deutlich besser als die von mir erstrittene Entscheidung bei etwa 4,5 zu widerrufenen Jahren. Ich wage jedoch zu bezweifeln, dass sich andere Gerichte diesem Judikat ohne zu Zucken anschließen werden: Immerhin liegt die „sichere Beiordnungsschwelle“ im Erkenntnisverfahren auch erst bei zwei Jahren, auch wenn in der Praxis oftmals ein Jahr objektivierter Ergebnisbetrachtung langt. Auch wenn es hier kein „Abstandsgebot“ gibt, würde ich vermuten, dass es unter zwei Jahren zu erwartendem Widerruf keinesfalls geht, eher deutlich mehr.

  2. Detlef Burhoff

    Nee, so m.E. nicht ganz richtig. I.d.R. wird es ab einem Jahr im Erkenntnisverfahren einen Pflichtverteidiger geben und im Strafvollstreckungsverfahren scheint sich die 2.Jahres-Grenze heraus zu kristallisieren :-).

  3. RA Meyer

    Um mal Meyer-Goßner zu zitieren: „… eine Straferwartung von 1 Jahr sollte in der Regel Anlass zur Beiordnung … geben“. „Dass mehr als zwei Jahre Freiheitsstrafe ohne Mitwirkung eines Verteidigers nicht verhängt werden dürfen, ist unstreitig.“. Eher was ich im HInterkopf hatte.
    Und, sehr geehrter Herr Burhoff, Sie waren bei meiner Beschwerde wegen nichtbeiordnung wegen insgesamt zu widerrufenden 4 Jahren und 3 Monaten sehr pessimistisch: https://blog.burhoff.de/2014/08/4-jahre-und-3-monate-drohender-freiheitsentzug2-das-gibt-einen-pflichtverteidiger/
    Wenn sich die Rechtsprechung entsprechen drehen sollte, was ich auch ein wenig registriere, hätte ich wahrlich nichts dagegen. Nur, ob es da dann die 2-Jahres-Grenze regelhaft geben wird wage ich stark zu bezweifeln.

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