Jetzt wird es eng für den „Rebellensenat“, oder: Wer A sagt muss auch B sagen?

© Blackosaka - Fotolia.com

© Blackosaka – Fotolia.com

Ich hatte ja schon mehrfach über den BGH, Beschl. v. 04.06.2014 – 2 StR 656/13 (vgl. dazu 2. Strafsenat des BGH – “Rebellensenat”? – nee, nur “Unruhestifter”) berichtet. In dem Beschluss geht es um das Vorhaben des 2. Strafsenats die Rechtsprechung des BGH zu ändern und die Verwertung einer früheren richterlichen Vernehmung eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson nur dann als zulässig anzusehen,  wenn dieser Richter den Zeugen nicht nur über sein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern auch qualifiziert über die Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage im weiteren Verfahren belehrt hat.

Dazu gibt es jetzt Antworten von drei der übrigen vier Strafsenate:

Der 1. Strafsenat und der 3. Strafsenat folgen – wie bereits der 4. Strafsenat – dem 2. Strafsenat und seiner beabsichtigten Änderungen nicht. Beide sind der Auffassung, dass ein Zeuge über die Verwertbarkeit seiner Aussage trotz späterer Zeugnisverweigerung nicht qualifiziert zu belehren ist. Eine solche Belehrung sei gesetzlich weder vorgeschrieben noch zur sachgerechten Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts erforderlich. Beim 3. Strafsenat stand zwar keine frühere Rechtsprechung entgegen, die er aufgeben oder an der er festhalten musste. „Der Senat neigt allerdings in der Sache dazu, an der bisherigen Rechtsprechung, wie sie mittlerweile seit mehreren Jahrzehnten praktiziert wird, festzuhalten.“

So, damit steht es dann 3 : 1 und es fehlt nur noch der 5. Strafsenat, wenn ich dessen Entscheidung nicht übersehen habe. Damit wird es, wenn man sich die Besetzung des Großen Senats für Strafsachen ansieht, da sicherlich eng für die Rechtsprechungsänderung. Und ich bin gespannt, ob der 2. Strafsenat angesichts dieser „Mehrheitsverhältnisse“ in den Großen Senat für Strafsachen zieht. Aber wahrscheinlich wird er es tun, getreu dem Spruch: Wer A sagt muss auch B sagen.

9 Gedanken zu „Jetzt wird es eng für den „Rebellensenat“, oder: Wer A sagt muss auch B sagen?

  1. Thomas Hochstein

    Die Reaktionen der übrigens Senate waren ja wenig überraschend – wie bei der Wahlfeststellung. Und es würde mich arg wundern, wenn es bei der Schmerzensgeldberechnung anders aussähe.

    Und der negative Zuständigkeitsstreit mit dem 4. Senat liegt jetzt beim Präsidium – wobei zumindest der jetzige Vorsitzende des 2. Senats mit diesem Gremium der richterlichen Selbstverwaltung in der Zeit vor seiner Ernennung ja eine nicht völlig ungetrübte Arbeitsbeziehung hatte.

  2. Nils

    Laut Wikipedia ist der Herr Vorsitzende am 29.04.1953 geboren. Dann wird er in Kürze Jahr 62 Jahre alt werden. Nach § 48 Abs. 1 DRiG bleiben also noch fünf Jahre, wenn ich nicht eine Ausnahmeregelung übersehen habe.

  3. Nils

    Ne, gemeint war, dass zu dem Zeitpunkt die Anfragen nachlassen dürften und interessant wäre, zu untersuchen, ob bis dahin die Taktung beibehalten wird.

  4. Ein Ermittlungsrichter

    Interessant finde ich aber das obider dictum des 1. Strafsenats ab Randziffer 23. Das liest sich nämlich wie eine Einladung an interessierte Strafverteidiger, demnächst einmal (möglichst bei einem Fall, der beim 1. Senat landen wid), die Vernehmung des Ermittlungsrichters (die als solche vom 2. Senat ja gar nicht in Frage gestellt wird) als unzulässig zu rügen.

  5. Gast

    @ Nils: Nach § 48 Abs. 3 DRiG wird der Herr Vorsitzende, die Richtigkeit des Wikipedia-Eintrag unterstellt, spätestens im November 2018 pensioniert. Auch das ist aber leider noch ziemlich lange hin …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert