Ein wenig Arbeit muss man sich selbst schon machen, Frau Bezirksrevisorin/Herr Rechtspfleger

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Ein wenig einfach gemacht haben es sich in meinen Augen ein Rechtspfleger und eine Bezirksrevisorin beim AG Peine und dafür dann vom LG Hildesheim im LG Hildesheim, Beschl. v. 22.12.2014 – 22 Qs 15/14 – die Quittung erhalten. Und die Landeskasse dann gleich mit, da das LG wegen falscher Sachbehandlung Kosten für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben hat (§ 21 GKG). Zugrunde gelegen hat dem LG-Beschluss ein Strafrichterverfahren, in dem gegen den nicht vorbestraften Angeklagten wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (zwei Gramm Marihuana) und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Lagern von 100 Gramm Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf) Anklage zum Strafrichter erhoben worden war . Verurteilt worden ist der Angeklagte wegen des erstgenannten Vorwurfs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen pp., im Übrigen ist er frei gesprochen worden. Nach der Kostenentscheidung hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens und seine eigenen notwendigen Auslagen zu tragen, soweit er verurteilt worden ist. Soweit er freigesprochen wurde, „fallen die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen der Verteidigung der Landeskasse zur Last“.

Der Angeklagte hat dann beantragt Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen pp. festzusetzen. Dabei handelte es sich offenbar um die gesamten Aufwendungen, die ihm für die Mandatierung seines Verteidigers in dem Verfahren entstanden waren. Ohne Fristsetzung übersandte der Rechtspfleger des AG dem Verteidiger „zur Kenntnis und d. B. um weitere Veranlassung“ die eingeholte Stellungnahme der Bezirksrevisorin. Sie (= die Bezirksrevisorin?) hat dort ausgeführt, dass der Verteidiger aufzufordern sei, unter Anwendung der sog. Differenztheorie einen Vergütungsantrag einzureichen, in dem sich das Gesamthonorar und das fiktive Honorar ergebe, das ihm zustehen würde, wenn nur die abgeurteilten Taten Gegenstand der Verteidigung gewesen wären. Der Verteidiger antwortete hierauf nicht. Daraufhin erließ der Rechtspfleger den angefochtenen Beschluss, in dem er den Kostenfestsetzungsantrag zurückwies und zur Begründung – ohne Angabe einer Rechtsnorm oder Fundstelle – ausführte, dass nach jetzigem Stand, Bekanntgabe des Gesamthonorars ohne Gegenüberstellung des fiktiven Honorars, eine abschließende Beurteilung nicht möglich sei.

Dieser Beschluss wurde dem Verteidiger am 7. August 2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Die Rechtsmittelbelehrung am Ende des Beschlusses lautet wie folgt: „Gegen diesen Beschluss kann, wenn der Beschwerdewert 50,00 Euro übersteigt, sofortige Beschwerde, im Übrigen sofortige Erinnerung innerhalb von einer Woche in deutscher Sprache bei dem oben genannten Gericht eingelegt werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung. Die sofortige Beschwerde ist auch dann rechtzeitig, wenn sie innerhalb der Beschwerdefrist bei dem Beschwerdegericht eingeht“. Dagegen die Beschwerde, die allerdings wegen Fristversäumung unzulässig ist. Zur Kostenentscheidung heißt es dann:

Die Kostenentscheidung folgt aus § 21 GKG.

Die Sachbehandlung durch das Amtsgericht Peine war unzutreffend:

„Der Beschwerdeführer hatte einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt, der den Formerfordernissen des gemäß § 464b StPO anzuwendenden § 103 ZPO entspricht. Mithin wäre dieser Antrag in der Sache zu bescheiden gewesen.

Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür, dem Antragssteller des Kostenfestsetzungsverfahrens aufzugeben, seine Kosten nach der sogenannten Differenztheorie aufzuteilen. Die Differenztheorie ist ein Hilfsmittel zur sachgerechten Anwendung beziehungsweise Auslegung der richterlichen Kostengrundentscheidung. Die Auslegung ist schon im Kostenfestsetzungsverfahren nach einem Zivilprozess originäre Aufgabe des zur Kostenfestsetzung berufenen Rechtspflegers (vgl. KG, Beschl. v. 18.12.2001, 1 W 445/01, MDR 2002, 722; OLG Koblenz, Beschl. v. 6.11.2002, 14 W 663/02, JurBüro 2003, 93; Herget in Zöller, ZPO, Rn. 21 zu § 104, Stichwort Auslegung). In strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahrens gilt dies angesichts der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht erst recht.

Selbst bei Anträgen, die den Vorgabe des § 103 ZPO nicht entsprechen, hätte der Antragssteller vor einem Ablehnungsbeschluss zur Nachbesserung unter Fristsetzung aufgefordert werden müssen (vgl. Herget, a. a. O., Stichwort Mängel des Antrags).

Abgesehen davon ist bei Teilfreispruch nach dem Gewicht der Vorwürfe, die noch zur Verurteilung führten, zunächst zu prüfen, ob nicht eine vollständige Kostenerstattung oder deren vollständige Versagung in Betracht kommt (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., Rn. 9 zu § 465).

Ersteres kam hier angesichts des Freispruchs von dem gegenüber dem ausgeurteilten unerlaubten Besitz einer geringen Menge Marihuana deutlich gewichtigeren Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln durchaus in Betracht.“

Und das LG hat sich dann aber gedacht: Ich weise lieber mal vorsorglich daraufhin, dass der Versagungsbeschluss einem erneuten Kostenfestsetzungsantrag nicht entgegen stehen dürfte. Insofern hat der Verteidiger/Angeklagte dann noch einmal Glück gehabt.

Ein Gedanke zu „Ein wenig Arbeit muss man sich selbst schon machen, Frau Bezirksrevisorin/Herr Rechtspfleger

  1. T.H., RiAG

    Könnte man ja auf das Erkenntnisverfahren übertragen:

    Der Angeklagte möge sich selbst verurteilen und sodann eine schriftliche Urteilsbegründung zu den Akten reichen.

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