…“Das Gericht ist nämlich nicht der „Libero der Anklagebehörde“ ..

entnommen wikimedia.org Urheber Verhoeff, Bert / Anefo

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Sie stutzen beim Lesen der Überschrift? Ja, habe ich auch beim Lesen des AG Gummersbach, Beschl. v.  15.10.2014 – 81 Ds-922 Js 2198/14-326/14, den mir der Kollege, der ihn „erstritten“ hat, übersandt hat. In dem Beschluss hat das AG die Eröffnung des Hauptverfahrens in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Körperverletzung im Straßenverkehr abgelehnt, weil kein hinreichender Tatverdacht vorliege. Die Begründung in der Sache bzw. die Beweiswürdigung des AG lassen wir hier mal außen vor, die ist einzelfallbezogen und nicht so interessant. Interessanter sind dann die Ausführungen des AG zu § 202 StPO und zur Frage, ob das AG selbet noch Ermittlungen im Zwischenverfahren führen oder veranlassen muss. Das hat das AG verneint:

Es bestand für das erkennende Gericht auch keine Rechtspflicht nach § 202 StPO, durch eigene (umfangreiche) Ermittlungen im Zwischenverfahren die Grundlage für den hinreichenden Tatverdacht erst noch zu schaffen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes stehen Ermittlungen im Zwischenverfahren im Ermessen des Gerichts. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den in § 202 StPO benannten Beweiserhebungen um solche zur einzelnen Ergänzung oder Überprüfung eines im Ermittlungsverfahren grundsätzlich bereits aufgeklärten Sachverhalts handelt. Für Ermittlungen nach § 202 StPO ist dann kein Raum, wenn erst durch eine Ermittlungsanordnung des Gerichts ein hinreichender Tatverdacht geschaffen werden muss (vgl. LG Köln — Beschluss vom 16. November 2011- 110 Qs 19/11). Das Gericht ist nämlich nicht der „Libero der Anklagebehörde“ (KK-Schneider, 7. Aufl. 2013, § 202 StPO Rn. 3; LG Köln — 111 Qs 497/09)

Im Zwischenverfahren kommen eingedenk der strukturellen Aufgabenverteilung zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht nur einzelne ergänzende richterlich veranlasste Beweiserhebungen in Betracht. Ermittlungen größeren Umfangs zur Komplettierung des von der Staatsanwaltschaft unzulänglich belegten Anklagevorwurfs sind gesetzlich nicht vorgesehen (KK-Schneider, 7. Aufl. 2013, § 202 StPO Rn. 2; OLG Karlsruhe wistra 2004, 276, 279; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2009, 88; OLG Celle StV 2012, 456, 457; 1,G Berlin NStZ 2003, 504 mit Anm NStZ 2003, 568; Meyer-Goßner, § 202 Rn 1; Stuckenberg LR Rn 3; Radtke/Hohmann/Reinhart Rn 1; Eisenberg JZ 2011, 672; Beulke Rn 355). Gleichermaßen unstatthaft sind umfangreiche Beweisaufnahmen wie etwa die Vernehmung zentraler Zeugen zur Vorabklärung der Belastbarkeit ihrer Angaben; hierin läge ein von Rechts wegen nicht vorgesehener Vorgriff auf die Hauptverhandlung (Paeffgen SK StPO Rn. 3; Stuckenberg LR Rn. 2).“

Und da taucht sie also auf, die Formulierung vom Libero, die die Rechtslage sehr schön beschreibt. Ich habe natürlich sofort im KK-StPO nachgesehen, ob da wirklich so formuliert ist. Und in der Tat: Der „ehrwürdige“ KK formuliert so. 🙂 🙂

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