Nachschlag: Schnell sollte/muss es gehen in Haftsachen

© chris52 - Fotolia.com

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Machen wir heute einen Hafttag bzw. ich setze nach dem Posting “Untersuchungshaft bei Unterfinanzierung”, oder: Haftgrund fehlendes Personal? zum  BVerfG, Beschl. v. 30.07.2014 – 2 BvR 1457/14 – fort mit einigen Entscheidungen zur U-Haft, die zum Teil schon länger in meinem „Blogordner“ hängen und über die ich immer mal berichten wollte, also ein „Nachschlag“ Sie zeigen, wie überlastet mit Haftsachen die Justiz teilweise ist. Hinzuweisen ist auf:

Zum Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen bei längerer Flucht und Auslieferung des Beschuldigten nach Deutschland.

und dem Ergebnis:

„Zwar hat der Vorsitzende der zuständigen Strafkammer in der Folge den zunächst für den 8. Mai 2014 geplanten Beginn der Hauptverhandlung auf den 17. April 2014 vorverlegt und hat auch einen weiteren Pflichtverteidiger beigeordnet. Doch genügt die übrige Terminierung (sechs Hauptverhandlungstage in sieben Wochen) ersichtlich nicht, um die geschilderten früheren Verzögerungen auszugleichen. Angesichts anderweitiger Verfahren und anderer Umstände sah sich die Strafkammer zu einer strafferen Terminierung ausweislich der Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss nicht in der Lage. Auch der Präsident des Landgerichts wies in seinem Schreiben vom 18. März 2014 darauf hin, dass das Präsidium wegen der angespannten personellen Situation und der starken Belastung des Landgerichts mit anderen Verfahren keine Möglichkeit gesehen habe, die Strafkammer durch eine Hilfsstrafkammer zu unterstützen.

 Nach alledem war die Aufhebung des Haftbefehls nunmehr unumgänglich.“

Anmerkung: Es geht also auch anders als beim OLG München.

  • KG, Beschl. v. 08.05.2014 – 4 Ws 32 und 42/14 – zum Beschleunigungsgebot bei Überhaft mit den Leitsätzen:

    1. Das verfassungsrechtliche Beschleunigungsgebot gilt auch, wenn der Betroffene von dem Vollzug der Untersuchungshaft verschont ist oder die Untersuchungshaft nicht vollzogen wird, weil sich der Angeklagte in anderer Sache in Untersuchungshaft befindet und für das anhängige Verfahren lediglich Überhaft notiert ist. 
    2. Der Umstand, dass der Haftbefehl nicht vollzogen wird und die notierte Überhaft keine faktischen Auswirkungen auf den Angeklagten hat, führt allerdings dazu, dass das Beschleunigungsgebot noch weiter abgeschwächt gilt, als bereits bei neben Strafhaft notierter Überhaft.“
  • OLG Hamm, Beschl. v. 26.06.2014 – III-1 Ws 324/14  zur Beschleunigung und Terminierung in Haftsachen, wenn die Stellung eines Beweisantrages auf Vernehmung eines (mutmaßlich) schwierig herbeizuschaffenden Auslandszeugen eine Terminierung in größerem Abstand erfordert mit den Leitsätzen:
  1. Nach der Rechtsprechung reicht in Haftsachen eine Verhandlungsdichte von durchschnittlich einem oder knapp über einem Verhandlungstag pro Woche jedenfalls dann nicht aus, wenn die Untersuchungshaft schon lange andauert, bzw. an den einzelnen Verhandlungstagen nur kurz verhandelt wird.
  2. Einzelne Hauptverhandlungstage werden hinreichend ausgeschöpft, sofern im Durchschnitt mehr als vier Stunden verhandelt wird.
  3. Die durch die Stellung eines Beweisantrages (hier: auf Einvernahme eines Auslandszeugen) eintretende Verzögerung ist nicht der Justiz anzulasten; es kann dann die grundsätzlich erforderliche Terminierungsdichte unterschritten werden.
  1. In lang dauernden Großverfahren ist die reine Durchschnittsfrequenz von Verhandlungstagen nur der Ausgangspunkt der Bewertung der Einhaltung des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen. Der Verlauf eines sog. Umfangverfahrens hängt von einer Vielzahl im Einzelfall festzustellender Parameter ab, die bei der Bewertung der Beschleunigung des Verfahrens zu berücksichtigen sind.
  2. Das Hauptsachegericht ist in Haftsachen gehalten, während laufender Hauptverhandlung die Verfahrensentwicklung kontrollierend im Auge zu behalten und die Terminierungsdichte stetig und dynamisch an die aktuelle Prozesslage – unter Beachtung der Dauer der bereits vollzogenen Untersuchungshaft  –  anzupassen.

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