Archiv für den Monat: Februar 2014

Die „betrügerische“ Nilkreuzfahrt und „umgebuchte Flüge“

entnommen wikimedia.org Author Marion Golsteijn

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Author Marion Golsteijn

Wer kennt sie nicht, die bunten Reiseprospekte mit mehr oder weniger aussagekräftigen Beschreibungen der angebotenen Reiseleistungen. Und man frgat sich immer/häufig auch: Wie gehe ich eigentlich strafrechtlich mit dem Umstand um, dass ggf. bestimmte Leistungen nicht oder nicht vollständig erfüllt werden können, mir das aber keiner vom Reiseunternehmen sagt. Zivilrechtlich mag das einfach(er)s ein, strafrechtllich stellt sich die Frage: Betrug (§ 263 StGB), ja oder nein?

Die Frage hat sich auch ein „Reisender“ gestellt, der eine Nilkreuzfahrt machen wollte. Er hatte die Reise im Prospekt der „T. GmbH“ gefunden. Dort war sie für April bis November 2012 sowie November 2012 bis Oktober 2013 unter der Bezeichnung „Horus“?Oberägyptische Impressionen eine Nilkreuzfahrt auf dem Kreuzfahrtschiff „MS R.“ beworben, obwohl dieses Schiff bereits seit Frühjahr 2012 nicht mehr in Betrieb war. Der „Reisende“ hatte darin einen Betrug des Vorstandsvorsitzenden der T. GmbH und seiner Mitarbeiter gesehen, da diesen dieser Umstand bekannt gewesen sei. Er hat deshalb gegen diese Strafanzeige erstattet. Die hat er außerdem noch darauf gestützt, dass ihm nicht unaufgefordert mitgeteilt worden, dass der geplante Rückflug nach Hannover nicht stattfinden konnte, sondern stattdessen der Flug nur bis Frankfurt erfolge. Außerdem sei ihm auch nicht mitgeteilt worden, dass der geplante Inlandsflug von Luxor nach Sharm?el?Sheikh nicht wie vereinbart und mehrfach vom Reisenden nachgefragt auf direktem Weg, sondern in Form eines Umwegs über Kairo, verbunden mit einem mehrstündigen dortigen Aufenthalt, stattfinden würde, Dadurch habe man verhindert, dass der Antragsteller von der Durchführung der Reise durch Ausübung des ihm zustehenden Rücktrittsrechts Abstand nehme.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt, weil ein Anfangsverdacht nicht ersichtlich sei. Dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung – Klageerzwingungsantrag (§ 172 StPO), der – man glaubt es nicht – zum Teil Erfolg hat. Das OLG Celle, Beschl. v. 21.01.2014 – 1 Ws 513/13 – bestätigt nämlich teilweise den Betrugsvorwurf.

  • Das OLG verneint allerdings den Betrugsvorwurf für den Vortrag, der Antragsteller sei durch Vortäuschung falscher Tatsachen im Hinblick auf die Durchführung der gebuchten Nilkreuzfahrt zu dem Abschluss des Vertrages veranlasst worden. Insoweit verneint das OLG einen Schaden. Wer durch Täuschung zum Abschluss eines Vertrages veranlasst werde, erleide nicht schon dann einen Schaden, wenn er ohne die Täuschung die Verbindlichkeit nicht begründet hätte, sondern nur dann, wenn die ihm gewährte oder zu gewährende Gegenleistung nicht den objektiv vorausgesetzten Wert hat. Insoweit hätte dargelegt werden müssen, welche Vor? und Nachteile die Nilkreuzfahrt auf dem größeren Schiff im Vergleich zu der geplanten Nilkreuzfahrt auf der „MS R.“ mit sich gebracht hätte. Hierzu wäre eine nähere Beschreibung beider Schiffe insbesondere zu den dortigen Unterbringungs?, Freizeitgestaltungs? und Verpflegungsmöglichkeiten, die den Wert der Reiseleistung maßgeblich beeinflussen, erforderlich gewesen.
  • Anders sieht das OLG das jedoch im Hinblick auf die Abweichungen der Flugverbindungen. Dass ein Flug von Ägypten nach Frankfurt mit anschließender Weiterreise im Pkw zum ursprünglichen Zielort Hannover wirtschaftlich geringwertiger sei als ein Flug bis zum vereinbarten Zielflughafen, liegt für das OLG auf der Hand. Indem aber  von Seiten der Beschäftigten der T. GmbH die Veränderung der Flugmodalitäten erst auf Intervention des Reisenden mitgeteilt worden sei, spreche auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Änderungen hinsichtlich der Flugmodalitäten des Inlandsfluges bis zum Beginn der Reise trotz bestehender Möglichkeit hierzu nicht mitgeteilt worden seien, der Anfangsverdacht, dass der Reisende durch die fehlende Aufklärung dazu veranlasst werden sollte, nicht von der Reise Abstand zu nehmen. Dies könnte nach Auffassung des OLG eine Täuschung durch Unterlassen darstellen, die zwar mangels eingetretenen Schadens nicht zu einem vollendeten, wohl aber einem versuchten Betrug nach §§ 263, 22, 23 StGB geführt haben könnte.
  • Entsprechendes gilt nach Auffassung des OLG auch für die bis zum Reiseantritt unterbliebene Aufklärung darüber, dass der gebuchte Inlandsflug über Kairo, verbunden mit einem mehrstündigen Aufenthalt am dortigen Flughafen, erfolgen werde.

Mal was anderes aus dem Bereich des § 263 StGB. Und sicherlich auch etwas, was in Reiseunternehmen mit Interesse gelesen werden wird. Denn danach sollte man sich dann doch vielleicht überlegen, ob es in solchen Fällen nicht besser ist, den „Mund auf zu machen“.

„Aus dem wilden Osten“, oder: „Was schert mich mein Entbindungsbeschluß von gestern?“

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Der Kollege Handschuhmacher aus Berlin hat mir gestern einen zu einem Verwerfungsurteil des AG Brandenburg an der Havel ergangenen Beschluss des OLG Brandenburg übersandt, mit dem „Anschreiben“: „Der ist zwar juristisch nicht weiter interessant, aber vielleicht was für die Rubrik „Aus dem wilden Osten“. Was schert mich mein Entbindungsbeschluß von gestern…“ Unter der Überschrift stelle ich den Beschluss doch gern ein, er spricht m.E. für sich.

Die Überschrift bezieht sich allerdings nicht auf den OLG-Beschluss, sondern auf die zugrunde liegende amtsgerichtliche Entscheidung des AG Brandenburg an der Havel. M.E. merkt man dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.02.2014 – (1 B) 53 Ss-OWi 36/14 (29/14) in der „knochentrockenen“ Begründung an, dass der Senat „not amused“ war. Weniger ist eben manchmal mehr.

Zu entscheiden war Folgendes: Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg hatte gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid erlassen.  Nachdem der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hatte, hat das AG die Hauptverhandlung auf den 24.10.2013 anberaumt und den Betroffenen auf seinen Antrag mit Beschluss vom 09.09.2013 gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden. Zur Hauptverhandlung erschienen weder der Betroffene noch sein Verteidiger.  Das AG hat dann ohne Verhandlung zur Sache den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid gem. § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, da er ohne Entschuldigung ausgeblieben sei, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden gewesen sei und Anhaltspunkte für das Vorliegen genügender Entschuldigungsgründe nicht vorlägen.

Dazu – wie gesagt – kurz und trocken das OLG im OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.02.2014 – (1 B) 53 Ss-OWi 36/14 (29/14) :

„Die Verfahrensrüge ist in der den §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 StPO entsprechenden Form erhoben worden und hat in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat ohne Verhandlung zur Sache rechtsfehlerhaft den Einspruch des Betroffenen durch Urteil verworfen, obwohl der Betroffene von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen durch Beschluss vom 9. September 2013 entbunden war. Das Urteil beruht auf diesem Verfahrensfehler, denn das Amtsgericht setzt sich entgegen § 74 Abs. 1 Satz 1 OWiG nicht im Rahmen der Beweisaufnahme mit dem gegen den Betroffenen erhobenen Vorwurf auseinander und verhandelt nicht, wie es geboten gewesen wäre, in Abwesenheit des Betroffenen zur Sache.“

Da fragt man sich dann, was schreibt man dazu? Ist man fassungslos und fordert damit Kommentare heraus. Oder belässt  man es dabei und lässt die Sache einfach (ein)wirken. Eins ist m.E. aber jedenfalls sicher: In die Akten scheint man beim AG Brandenburg an der Havel nicht zu schauen, jedenfalls nicht in der Sache. Sonst wäre das nicht passiert.

Gott sei Dank, nur eine Geldstrafe!! Aber damit vor Bewährungswiderruf gerettet?

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In anwaltlichen Praxis gehören Verfahren betreffend den Widerruf von Strafaussetzung (§ 56f StGB) sicherlich (leider) mit zum Alltagsgeschäft. Dabei spielen die Fragen eine große Rolle, die mit neuen Verurteilungen als Widerrufsgrund zusammenhängen. Salopp ausgedrückt: An der Stelle geht es immer darum, ob die neue Verurteilung (schon) reicht für einen Widerruf oder eben (noch) nicht, und ggf. zunächst noch eine Verlängerung der Bewährungszeit in Betracht kommt. Mit einer solchen Problematik befasst sich der KG, Beschl. v. 18. 12. 2013 – 2 Ws 594-595/13, nämlich mit dem Widerruf von Strafaussetzung wegen einer – nur – mit Geldstrafe geahndeten Tat. Der Verurteilte hatte gegen den Widerruf (offenbar) vorgebracht, dass die Anlasstat eben nur mit einer Geldstrafe geahndet worden ist und dass die in der Rechtsprechung zum Widerruf aufgrund einer Bewährungsstrafe vertretene Auffassung, dass sich das Widerrufsgericht der zeitnahen günstigen Prognose des Tatrichters anschließen müsse, auch für die Fälle des Widerrufs wegen einer mit Geldstrafe geahndeten Tat anzuwenden seien. Das KG erteilt der Rechtsauffassung eine – doppelte – Absage, und zwar wie folgt:

„Die neue Tat ist als Widerrufsgrund geeignet, auch wenn sie nur mit einer Geldstrafe geahndet wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Kammergerichts genügt dafür jede in der Bewährungszeit begangene Tat von einigem Gewicht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 10. Oktober 2008 – 2 Ws 494/08 – und vom 15. Juni 2005 – 5 Ws 285/05 – juris – jeweils mit weit. Nachweisen). Darunter können auch Taten fallen, die nur mit einer Geldstrafe geahndet wurden (vgl. Senat a.a.O.). Die verhängte Geldstrafe von 90 Tagessätzen bringt – ebenso wie die Tat selbst – die Erheblichkeit des abgeurteilten Sachverhalts hinreichend zum Ausdruck, insbesondere im Hinblick auf die Einschlägigkeit der Anlasstat.“

……

„Der Grundsatz, dass sich das für den Widerruf einer Strafaussetzung zuständige Gericht der zeitnahen Prognose eines Tatrichters anschließen soll, weil diesem aufgrund der Hauptverhandlung bessere Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. April 2010 – 2 Ws 175/10 – mit weit. Nachweisen), steht einem Widerruf vorliegend nicht entgegen. Denn der letzte Tatrichter hat bei der Verhängung der Geldstrafe durch das Berufungsurteil des Landgerichts vom 11. September 2013 eine Sozialprognose weder gestellt, noch stellen müssen (vgl. Senat a.a.O.). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann aus der bloßen Verhängung einer Geldstrafe nicht auf eine vom Tatgericht gestellte günstige Legalprognose geschlossen werden, weil das Tatgericht, wenn es eine Geldstrafe verhängt, keine Einschätzung bezüglich der Legalprognose vornimmt (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2008, 25, 26; Senat, Beschluss vom 26. März 2012 – 2 Ws 56/12 –), zumal Freiheitsstrafen unter sechs Monaten nur in Ausnahmefällen (§ 47 Abs. 1 StGB) zu verhängen sind. Die Abänderung des angefochtenen Rechtsfolgenausspruchs von einer Freiheitsstrafe von drei Monaten in eine – dieser der Höhe nach entsprechenden – Geldstrafe von 90 Tagessätzen erfolgte ganz offensichtlich deshalb, weil das Landgericht die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 StGB nicht für gegeben erachtete. Unerlässlich im Sinne dieser Vorschrift ist aber die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nur dann, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände auf sie nicht verzichtet werden kann. Dabei liegen besondere Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters dann vor, wenn entweder bestimmte Tatsachen die konkrete Tat von den durchschnittlichen, gewöhnlich vorkommenden Taten gleicher Art unterscheiden oder wenn bestimmte Eigenschaften oder Verhältnisse bei dem Täter einen Unterschied gegenüber dem durchschnittlichen Täter derartiger strafbarer Handlungen begründen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 31. Mai 2006 – (5) 1 Ss 68/06 (8/06) –  und vom 29. März 2006 – (5) 1 Ss 78/06 (10/06) – jeweils mit weit. Nachweisen). Eine günstige Legalprognose i.S.d. § 56 StGB setzt die Verhängung einer solchen Geldstrafe aber gerade nicht voraus (vgl. OLG Hamm a.a.O. mit weit. Nachweisen). Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht aufgrund der Berufungshauptverhandlung unabhängig davon – anders als noch das Amtsgericht in erster Instanz – die Prognose im Streitfall als günstig einschätzte, enthalten die – äußerst knappen – Urteilsgründe nicht.“

Und: Es kann auch noch Ablauf der Bewährungszeit widerrufen werden.

Und nochmals beim BGH – (auch) für Zivilisten: Unrichtige Tatsachen im Mahnbescheidsantrag

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Interessant ist es für mich immer zu sehen, was eigentlich aus Verfahren geworden ist, in denen der BGH in einem ersten Durchlauf das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hat. Nicht immer bekommt man das ja mit, da sicherlich dann doch recht viele Verfahren mit einem „OU-Beschluss (§ 349 Abs. 2 StPO) enden. Aber bei dem ein oder anderen sieht man dann doch, dass sie noch einmal beim BGH in der VÖ-Liste landen und sogar den Eingang in BGHST schaffen. So das Verfahren, das zum BGH, Beschl. v. v. 20.12.2011 – 4 StR 491/11 geführt hat (vgl. dazu Nochmals – (auch) für Zivilisten: Unrichtige Tatsachen im Mahnbescheidsantrag; vgl. auch noch: Auch für Zivilisten: Unrichtige Tatsachen im Mahnbescheidsantrag).

Das ist beim LG erneut verhandelt worden und dann noch einmal in die Revision gegangen, über die der BGH mit dem BGH, Beschl. v. 19.11.2013 – 4 StR 292/13 – entschieden hat. Der Sachverhalt: Die Angeklagte hatte einen Mahnbescheid im automatisierten Mahnverfahren beantragt und später einen Vollstreckungsbescheid gegen eine GbR bewirkt, obwohl ihr bewusst war, dass ihr der geltend gemachte Anspruch nicht zustand. Sodann bewirkte sie den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, aufgrund dessen rudn 185.000 € gepfändet und auf ein Konto der Angeklagten überwiesen wurden. Im ersten Durchlauf – der BGH spricht von „Rechtsgang“ hatte das LG wegen Betrugs und Beihilfe zur Untreue in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, verurteilt. Der BGH hatte in 4 StR 491/11 die Verurteilung wegen Betrugs und wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug aufgehoben. Im nunmehrigen zweiten „Rechtsgang“ hat das LG die Angeklagte erneut wegen Betrugs und wegen Beihilfe zur Untreue aufgehoben.

Der BGH sieht das erneut anders, hat aber nicht mehr aufgehoben und einen dritten „Rechtsgang“ gestartet, sondern hat in seiner für BGHSt bestimmten Entscheidung den Schuldspruch berichtigt und wegen Computerbetruges nach § 263a StGB verurteilt. Ein Betrug scheide aus, da „bei der Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Bestand der titulierten Forderung kein Gegenstand der Kommunikation zwischen dem Antragsteller und dem Rechtspfleger“ sei.

Computerbetrug nach § 263a StGB wird aber bejaht:

3. Die Feststellungen des Landgerichts tragen aber die Verurteilung wegen Computerbetruges gemäß § 263a Abs. 1, 2. Var. StGB. Die Beantragung eines Mahn- und eines Vollstreckungsbescheides im automatisierten Mahnverfahren auf der Grundlage einer fingierten, tatsächlich nicht bestehenden Forde-rung stellt eine Verwendung unrichtiger Daten dar.

a) Der Tatbestand des § 263a StGB ist betrugsäquivalent auszulegen (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 – 3 StR 80/13, NStZ 2013, 586, 587). Maßgebend ist deshalb, ob die Handlung des Täters einer Täuschung i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB entspricht (BGH, Beschluss vom 21. November 2001 – 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 163).

Wird im automatisierten Mahnverfahren eine fiktive Forderung geltend gemacht, liegt darin ein täuschungsäquivalentes Verhalten (vgl. BT-Drucks. 10/318, S. 21; NK-StGB/Kindhäuser, 4. Aufl., § 263a Rn. 18; Haft, NStZ 1987, 6, 8; Möhrenschlager, wistra 1986, 128, 132; Münker, Der Computerbetrug im automatischen Mahnverfahren, 2000, S. 183; aA Cramer/Perron in Schönke/ Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263a Rn. 6; SSW-StGB/Hilgendorf, § 263a Rn. 6; SK-StGB/Hoyer, 8. Aufl., 65. Lfg., § 263a Rn. 30), da bei gleichem Vorgehen gegenüber einem Rechtspfleger ein Vorspiegeln von Tatsachen im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB (falsche Behauptung eines Sachverhaltes, aus dem sich die angebliche Forderung ergeben soll) anzunehmen wäre.

Aus dem Umstand, dass das Gericht im Mahnverfahren die inhaltliche Berechtigung des Anspruchs nicht prüft (vgl. § 692 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), ergibt sich nichts anderes. Im Gegensatz zum Vollstreckungsverfahren dient das Er-kenntnisverfahren der Überprüfung der Berechtigung der geltend gemachten materiellen Forderung. …..“

Durchsuchung beim Insolvenzverwalter – nun mal nicht so schnell!!!

© vege - Fotolia.com

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Entscheidungen zu Durchsuchung und Beschlagnahme haben vor einige Jahren die Rechtsprechung zum Ermittlungsverfahren beherrscht, inzwischen ist die Flut aber deutlich zurück gegangen. Das bedeutet allerdings nicht, dass – wie das Verfahren Edathy beweist – Durchsuchungen nicht immer noch von erheblicher Brisanz sind bzw. sein oder haben können. Das gilt sicherlich vor allem auch dann, wenn es um die Durchsuchung von Rechtsanwaltskanzleien und oder um Durchsuchungen bei unbeteiligten Dritten, wie z.B. einem Insolvenzverwalter, geht. Da spielen die mit der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung zusammenhängenden Fragen eine erhebliche Rolle. Beim Insolvenzverwalter geht die landgerichtliche Rechtsprechung im Grunde davon aus, dass die Durchsuchung quasi „ultima ratio“ ist und ein Herausgabeverlangen vorgeht. Darauf weist jetzt der LG Dresden, Beschl. v. 27. 11. 2013 – 5 Qs 113/13 – noch einmal hin:

„..c) Allerdings verletzt der angegriffene Beschluss den bei Durchsuchungen stets zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Beschwerdeführer zu 1 hätte nach § 95 StPO zur Herausgabe der gesuchten Unterlagen aufgefordert werden können.

Die Durchsuchung muss im Hinblick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck nicht nur erfolgversprechend, sondern zur Ermittlung und Verfolgung der vorgeworfenen Tat auch erforderlich sein; das ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachts stehen (BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2011, 2 BvR 1011/10, zitiert nach juris). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet in jedem Verfahrensstadium das jeweils mildeste Mittel anzuwenden. Kann ein Ermittlungserfolg auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden, so muss dasjenige Mittel gewählt werden, welches den Betroffenen unter den Umständen des Einzelfalles bestmöglich schont.

Vorliegend wäre ein auf § 95 StPO gestütztes Herausgabeverlangen ausreichend und gleich erfolgversprechend gewesen. Ein Vorgehen der Ermittlungsbehörden nach § 95 StPO bietet sich immer dann als strafprozessuales Instrument an, wenn anzunehmen ist, dass der Herausgabepflichtige die gesuchten Beweisgegenstände freiwillig herausgibt und weder das Gebot der Verfahrensbeschleunigung entgegensteht noch ein das Ermittlungsverfahren bedrohender Verlust der begehrten Sache oder gar Verdunkelungsmaßnahmen zu besorgen sind (LG Saarbrücken, Beschluss vom 2. Februar 2010, 2 Qs 1/10, zitiert nach juris, m. w. N.).

Ein Insolvenzverwalter – wie der Beschwerdeführer zu 1 – als geschäftskundige, unabhängige Rechtsperson (§ 56 Abs. 1 InsO), die Amtspflichten trifft, ist verpflichtet, mit den Ermittlungsbehörden zu kooperieren. Es waren vorliegend weder ein Verlust der gesuchten Unterlagen noch Verdunkelungsmaßnahmen von Seiten des Beschwerdeführers zu 1 zu befürchten. Allein der Wunsch nach einem zeitgleichen Vorgehen gegen alle (vermeintlichen) Gewahrsamsinhaber von Beweismitteln rechtfertigt es wegen des bei einer Durchsuchung betroffenen Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG nicht, ohne vorheriges Herausgabeverlangen nach § 95 StPO die Durchsuchung der Geschäftsräume des betroffenen Insolvenzverwalters anzuordnen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer zu 1 im Fall eines Herausgabeverlangens den Insolvenzschuldner hierüber – ggfs. entgegen einer ausdrücklichen Aufforderung der Ermittlungsbehörde – informiert hätte oder gar Unterlagen zurückgehalten hätte, liegen nicht vor. Ersterem hätte zudem mit einem Zuwarten bis nach Durchführung der sonstigen Maßnahmen begegnet werden können. Dass eine zeitgleiche Beschaffung aller Unterlagen relevante ermittlungstaktische Vorteile versprach, ist in Bezug auf den Beschwerdeführer zu 1 nicht dargetan. Angesichts der Dauer des Ermittlungsverfahrens hätte selbst ein erfolgloses Herausgabeverlangen zu keiner Verzögerung des Verfahrens geführt.“

Also: So schnell schießen die Sachsen nun doch nicht.