Klassiker I: Die Vollendung des Einbruchdiebstahls

© Martin Fally - Fotolia.com

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Schon etwas länger hängt in meinem „Blog-Ordner“ der OLG Hamm, Beschl. v. 06.09.2013 – 5 RVs 80/13. In doppelter Hinsicht ein „Klassiker“.  Hier zunächst der diebstahlsrechtliche Teil der Entscheidung, nämlich die Frage der Vollendung eines Einbruchsdiebstahls:

Das Landgericht ist mit Recht von einem vollendeten gemeinschaftlichen Diebstahl gemäß §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 3 StGB ausgegangen.

Die Wegnahme ist dann vollendet, wenn der fremde Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist (vgl. BGH, NStZ 1981, 435; NJW 1981, 997). Die Frage, von welchem Zeitpunkt an der Dieb die dazu erforderliche tatsächliche Herrschaft über die gestohlene Sache ausübt, ist eine im Einzelfall nach den Anschauungen des täglichen Lebens zu beantwortende Tatfrage (vgl. BGHSt 16, 271, 273; 20, 194, 195 f.; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rdnr. 17). Dabei macht es sowohl für die Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers wie für die des Täters einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich schwere oder sperrige Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht (vgl. BGHSt 16, 271, 273; 23, 254, 255 f.). Das Verladen des Diebesgutes auf ein Transportfahrzeug kann daher je nach den Umständen des Einzelfalls für eine Tatvollendung ausreichen oder nicht (vgl. BGH, NJW 1981, 977).

Hieran gemessen war die Sachherrschaft des Inhabers der Maschinenbaufirma bereits gebrochen und eigene Sachherrschaft des Angeklagten und seiner Mittäter begründet.

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die entwendeten Edelstahlteile (im Gesamtwert von etwa 70.000,- €) bereits über den Zaun des Firmengeländes gereicht und in eines der Täterfahrzeuge eingeladen worden waren. Alle Täter, soweit sie über den Zaun geklettert waren, hatten das Firmengelände wieder verlassen und befanden sich abfahrbereit außerhalb des Zauns, um sich mit der Beute vom Tatort zu entfernen. Erst zu diesem Zeitpunkt erschienen die Polizeibeamten, die durch Firmenmitarbeiter – welche das Tatgeschehen aus der Nähe beobachtet hatten – herbeigerufen worden waren.

Entscheidend ist, dass die Edelstahlteile bereits von dem Firmengelände entfernt und trotz ihrer Unhandlichkeit bzw. Größe vollständig in ein Transportfahrzeug verbracht worden waren, so dass der Angeklagte und seine Mittäter sofort losfahren konnten. Damit hatten sie den Herrschafts- bzw. Gewahrsamsbereich des Firmeninhabers gänzlich verlassen. Der Firmeninhaber bzw. seine Mitarbeiter konnten nicht mehr ungehindert auf die bereits in Täterfahrzeuge verladene Ware zugreifen. Hinzu kommt, dass der Abtransport selbst zu diesem Zeitpunkt mit keinen Mühen mehr verbunden war. Das Firmengelände ist ausweislich der getroffenen Feststellungen an das öffentliche Straßennetz angebunden und liegt in Essen in unmittelbarer Nähe zur Bundesstraße B 224, d. h. es bestanden sehr gute Fluchtmöglichkeiten. Zwar waren die Täter während des Tatgeschehens von Firmenmitarbeitern beobachtet worden, jedoch waren diese selbst nicht eingeschritten, weshalb die Täter insoweit keine Hindernisse zu überwinden hatten. Die Beobachtung als solche schließt die Gewahrsamserlangung ohnehin nicht aus (vgl. BGHSt 16, 271, 273 f.; Fischer, a. a. O., § 242 Rdnr. 21). Soweit die herbeigerufenen Polizeibeamten mit ihrem Einsatzfahrzeug auf der Fahrbahn angehalten hatten, ergibt sich aus den Feststellungen, dass hierdurch den flüchtenden Fahrzeugen die Durchfahrt „zumindest erheblich erschwert“ werden sollte. Dass ein Durchkommen gleichwohl möglich gewesen ist, zeigt indes die nachfolgende Flucht des Angeklagten wie auch die seiner Mittäter.

Sicherlich hatten der Angeklagte und seine Mittäter im Zeitpunkt des Eintreffens der Polizei noch keinen endgültigen und gesicherten Gewahrsam erlangt. Letzteres ist aber nur Voraussetzung für die Beendigung des Diebstahls, nicht für seine Vollendung (vgl. BGHSt 23, 254, 255; 26, 24, 26).“

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2 Gedanken zu „Klassiker I: Die Vollendung des Einbruchdiebstahls

  1. n.n.

    @ D.B.
    Schöner Beschluss.
    Aber der Link scheint in Ihren Editor zu führen, die Darstellungsweise ist zumindest sehr ungewohnt.

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