Ich will das gerichtliche Telefonverzeichnis haben….

1896_telephoneWer als Rechtsanwalt und/oder Bürger versucht, Kontakt zu Richterinnen und Richtern zu bekommen, muss meist den Weg über die Zentrale gehen oder eine der i.d.R. im Internet aufgeführten Telefon-Nummern nutzen und landet dann häufig nur auf der Geschäftsstelle oder bei der sog. Serviceeinheit. Damit hat sich jetzt ein Rechtsanwalt nicht zufrieden gegeben und vom Präsidenten des W. -Gerichts B.(??) unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFGNRW) die Überlassung eines Telefonverzeichnisses des W.B. einschließlich der Durchwahlnummern der Richterinnen und Richter verlangt. Das wurde vom Präsidenten abgelehnt, der darauf verwies, dass er sich mit den Personalvertretungen darauf verständigt habe, dass über die im Internetauftritt des Gerichts aufgeführten Telefonnummern hinaus keine weiteren Durchwahlnummern herausgegeben werden sollten. Am ehesten seien die Serviceeinheiten der Kammern in der Lage, Auskünfte zu erteilen und die jeweilige Richterin oder den jeweiligen Richter z.B. durch einen Vermerk über einen Anruf (und eine etwaige Rückrufbitte) zu unterrichten. Diese Handhabung habe sich bewährt, zumal es in der Regel sinnvoll sei, dass dem Richter zuvor die Akte zugeleitet werde. Dem Rechtsanwalt hat das nicht genügt und er hat beim VG Aachen geklagt und dann im VG, Aachen, Urt. v. 17.07.2013 – 8 K 532/11 – Recht bekommen. Und zwar:

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 4 Abs. 1 IFG NRW. Danach hat jede natürliche Person nach Maßgabe des IFG NRW gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei dieser Stelle vorhandenen amtlichen Informationen.

Die handelnde Behörde, der Präsident des W. B. , ist eine öffentliche Stelle i. S. v. §§ 1, 2 Satz 1 IFG NRW. Für die Gerichte gilt das IFG NRW, soweit sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Dies ist hier der Fall; der Präsident des W. hat in Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben gehandelt.

Informationen i. S. d. IFG NRW sind nach § 3 IFG NRW alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern vorhandenen Informationen, die im dienstlichen Zusammenhang erlangt wurden. Die Telefonliste stellt eine bei der öffentlichen Stelle vorhandene amtliche Information im Sinne dieser Begriffsbestimmung dar. Das Telefonverzeichnis des W. ist -dies ist gerichtsbekannt- im Hausintranet in vier verschiedenen Versionen (nach Rufnummern, nach Kammern, nach Alphabet und als Gesamtübersicht) und ebenso in der Telefondatenbank der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vorhanden. Alle diese gespeicherten Telefonlisten können auch ausgedruckt werden. Sie sind in dienstlichem Zusammenhang erstellt worden, dienen der Erreichbarkeit der Bediensteten des Gerichts und sind daher als amtliche Information anzusehen, vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 5. August 2011 -2 K 765/11-; zu den dienstlichen Telefonnummern der Mitarbeiter eines Jobcenters VG Leipzig, Urteil vom 10.Januar 2013 -5 K 981/11-, ZD2013, 193, K&R2013, 208, ZFSH/SGB2013, 168, info also2013, 124.

Hinsichtlich des Antrages des Klägers bestehen keine spezielleren Anspruchsgrundlagen, die nach der Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 IFG NRW dem hier verfolgten Anspruch vorgehen.

Dem Anspruch auf Informationszugang nach § 4 Abs. 1 IFG NRW steht nicht die richterliche Unabhängigkeit der im Telefonverzeichnis aufgeführten Richterinnen und Richter entgegen….“

Zu letzterem dann mehr im VG, Aachen, Urt. v. 17.07.2013 – 8 K 532/11.

9 Gedanken zu „Ich will das gerichtliche Telefonverzeichnis haben….

  1. T.H.,RiAG

    Schon erstaunlich, über was man so streiten kann…. Ob der grandiose Sieg dem klagefreudigen RA etwas nützt wird sich erst noch zeigen, ich könnte mir allerdings vorstellen, dass nicht allzu oft jemand abheben wird, wenn die Telefonnr. des Klägers auf dem Display des angerufenen Kollegen angezeigt wird.

    Solange mir a) noch die Möglichkeit der Rufumleitung zur Verfügung steht, ich b) mein Telefon auf lautlos stellen kann und ich darüber hinaus c) überhaupt keine Anwesenheitspflicht im Büro habe juckt es mich herzlich wenig, ob sich irgendjemand, Zugang zur Telefonliste des Gerichts erstreitet; mal ganz abgesehen davon, dass die RAe, mit denen ich zu tun habe, meine Durchwahl schon auf höfliche Nachfrage haben können; da muss man vorher niemanden verklagen.

  2. T.H.,RiAG

    Vielleicht wollte der klagefreudige RA auch nur die Telefonnummer der hübschen Assessorin und hat sich im direkten Gespräch nicht zu fragen getraut… 😉

  3. David S. Goldberg

    Ist wohl auch eine Generationenfrage. Für die netzsozialisierten Richter dürfte Transparenz und legitime Auskunfsansprüche eine Selbstverständlichkeit sein, wogegen die eher rustikaleren Typen ihr Vereitelungsverhalten zur Schau stellen.

  4. schneidermeister

    @D.S.Goldberg: Weshalb soll der Auskunftsanspruch legitim sein? Ein Recht auf unmittelbares telefonisches Kontaktieren irgendeines Richters gibt es nicht.

    In Zivilsachen beliebt sind Anrufe an Tagen, an denen Verkündungstermine angesetzt sind,Was ist denn bei dem Verkündungstermin rausgekommen, faxen Sie doch bitte vorab den Urteilstenor…. Passende Antwort: Wenn es Sie so brennend interessiert, dass Sie die Zustellung nicht abwarten können, dann schicken Sie doch jemanden zum VT.

    Ich denke, dass es weniger eine Generationenfrage ist. Zivilrichter stehen mit einem halben Bein in der Befangenheit, wenn sie sich nicht nur über Organisatorisches (z.B. Terminsabsprachen) mit nur einem Parteivertreter unterhalten und in den Strafabteilungen müsste seit den Regelungen zur Verständigung jeder Richter schon zum Selbstschutz inzwischen Vermerke anfertigen, ob oder ob nicht ein als ausdrückliches oder – Fischers frischester Fisch: konkludentes – Verständigungsgespräch verstanden werden könnendes Telefonat geführt wurde.

    Ansonsten greifen vermutlich die Abwehrmaßnahmen, die T.H. geschildert hat oder, falls ein Richter doch versehentlich den Hörer abgenommen hat oder eine kurze Abfertigung wie: keine Zeit/ machen Sie das bitte schriftlich/per Fax.

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  6. Martin Overath

    Der Geschäftsverteilungsplan 2013 für das LG Frankfurt am Main ist nicht online, kann aber mit allen Daten auf Papier gekauft werden.

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