Archiv für den Monat: November 2013

Finger weg vom Handy – Fahrverbot droht

© akmm - Fotolia.com

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Die Verhängung eines Fahrverbotes wegen Beharrlichkeit ist im BKat nicht geregelt, sondern nur in § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG. Voraussetzung ist u.a. mangelnde Rechtstreue. Insoweit herrscht aber immer noch häufig die Vorstellung vor, dass dafür gravierende Verkehrsverstöße erforderlich sind. Zwar wird die Verhängung eines Fahrverbotes i.d.R. in diesen Fällen in Betracht kommen, aber: Möglich ist die Festsetzung auch bei (vielen) kleinen Verstößen. Das musste jetzt ein Betroffener vom OLG Hamm erfahren, das ihm im OLG Hamm, Beschl. v. 24.10.2013 – 3 RBs 256/13 – bescheinigte:

Mangelnde Rechtstreue, die ggf. zur Verhängung eines Fahrverbot wegen Beharrlichkeit führen kann, wird sich zwar vor allem im Zusammenhang mit der Begehung gravierender Verkehrsverstöße zeigen. Jedoch ist dieses Unwerturteil nicht auf solche Zuwiderhandlungen beschränkt, sondern kann sich im Einzelfall auch aus der wiederholten Begehung für sich genommen eher geringfügiger Verstöße ergeben. Auch die wiederholte verbotswidrige Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons ist daher im Einzelfall geeignet, die Anordnung eines Fahrverbotes wegen einer beharrlichen Pflichtverletzung zu rechtfertigen.

Also: Finger weg vom Handy, wenn einem die Fahrerlaubnis lieb ist. Allerdings: Bei dem Betroffenen handelte es sich nun wahrlich um einen „viel beschossenen Hasen“. Denn der Betroffene war innerhalb eines Zeitraums von nur zweieinhalb Jahren sieben Mal verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten, wobei auch die dreimalige Verhängung eines Fahrverbotes, zuletzt nur ca. fünf Monate vor dem für das OLG relevanten Verstoß, ihn nicht zur Einhaltung von Verkehrsvorschriften anhalten konnte. Da bleibt ja nichts anderes mehr als (nochmal) ein Fahrverbot.

„Pflichti 5“ – „Will einen neuen Pflichtverteidiger, der alte kümmert sich u.a nicht ums Hörgerät…

entnommen von wikimedia.org - photo taken by Udo Schröter

entnommen von wikimedia.org – photo taken by Udo Schröter

In einem BtM-Verfahren war der Angeklagten ein Pflichtverteidiger beigeordnet. Sie hat dann dessen Entpflichtung beantragt und um Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts anchgesucht. Damit hatte sie weder beim LG noch beim KG Erfolg. Das führt zur Auswechselung des Pflichtverteidigers im KG, Beschl. v. 24.10.2013 – 4 Ws 136/13 aus:

„Mit der Beschwerde hat die Angeklagte behauptet, sie habe kein Vertrauen mehr zu Rechtsanwalt pp. weil dieser sie in den letzten Monaten nicht ausreichend über das Verfahren informiert und „öfter“ vereinbarte Termine nicht eingehalten habe sowie telefonisch für sie nicht erreichbar gewesen sei. Sie habe „niemals Post“ von ihrem Verteidiger erhalten und dieser habe sich — entgegen ihrer Bitte — nicht dafür eingesetzt, dass sie vor der Hauptverhandlung mit einem (neuen) Hörgerät versorgt wird. Diese angeblichen Versäumnisse des Pflichtverteidigers rechtfertigen den behaupteten Vertrauensverlust schon für sich betrachtet nicht. Der Verteidiger ist rechtskundiger Beistand (nicht Vertreter) des Angeklagten und unabhängig, das heißt frei (auch) von dessen Weisungen. Die Verteidigung führt er in eigener Verantwortung. Er entscheidet auch über die Art und Weise der Kommunikation mit dem Ange-klagten. Zu schriftlicher oder telefonischer Kontaktaufnahme ist der Verteidiger unter keinem Gesichtspunkt verpflichtet. Dass sie seit Bestehen der Pflichtverteidigung nicht in der Haftanstalt aufgesucht und die Anklagevorwürfe nicht mit ihr erörtert habe, behauptet die Angeklagte selbst nicht. RA. pp. hat vielmehr in seinem Schriftsatz vom 10. September 2013 mitgeteilt, dass er — nachdem er für die Beschwerdeführerin Akten-einsicht genommen hatte — den Akteninhalt in insgesamt 14 Besuchen in der Justizvollzugsanstalt für Frauen sukzessiv mit der Angeklagten besprochen und eine Verteidigungsstrategie festgelegt habe. Von mangelndem Kontakt zwischen der Angeklagten und ihrem Pflichtverteidiger kann danach nicht die Rede sein. Unterschiedliche Ansichten hinsichtlich des Verteidigungskonzeptes werden nicht behauptet. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Pflichtverteidiger die Angeklagte, der mit RA pp. ein zweiter Pflichtverteidiger beigeordnet ist, nicht auch in dem weiteren Verfahren ordnungsgemäß vertreten wird.“

Das war dann „Pflichti 5“ – zu Pflichti 1 – 4 geht es hier:

Strafzumessung: „…schulische und berufliche Ausbildungsdefizite …

© Dan Race - Fotolia.com

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So richtig passte an der Strafzumessung in einem Urteil des LG Mönchengladbach nichts, anders kann man den BGH, Beschl. v. 13.08.2013 – 4 StR 288/13 nicht zusammenfassen. Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen Betruges, Diebstahls und Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Der BGH hat den Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, denn:

Fahren ohne Faherlaubnis

a) Das Landgericht hat bei der Bestimmung der Einzelstrafen für die Fälle des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass er aus eigennützigen Motiven, „ohne in einer Not- oder Konfliktlage gewesen zu sein“, wiederholt verschiedene Kraftfahrzeuge auch über längere Strecken ohne Fahrerlaubnis geführt hat (UA S. 19). Diese Erwägung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Ein Handeln aus eigennützigen Motiven wird durch die Feststellungen nicht belegt. Das zusätzliche Abstellen auf das Fehlen einer „Not- oder Konfliktlage“ lässt zudem besorgen, dass es sich bei dieser Formulierung um eine eigenständige – für den Angeklagten nachteilige – Wertung handelt. Hiergegen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken, weil sich das Landgericht dabei nicht mehr auf die von ihm festgestellten Tatsachen beschränkt. Stattdessen wird die Tatmotivation des Angeklagten an einem hypothetischen Sachverhalt gemessen, der zu dem zu beurteilenden keinen Bezug hat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2012 – 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81, 82; Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350; Urteil vom 28. Mai 1980 – 3 StR 176/80, NStZ 1981, 60). Dem Angeklagten wird deshalb das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes zur Last gelegt (BGH, Beschluss vom 24. September 2009 – 3 StR 294/09, NStZ-RR 2010, 24, 25; Beschluss vom 16. Mai 1995 – 4 StR 233/95, StV 1995, 584).

Betrug und Diebstahl

b) Rechtlich bedenklich ist es auch, dass das Landgericht bei der Bestimmung der Einzelstrafen für die Betrugstaten und den Diebstahl (Fälle 6 bis 20) straferhöhend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte weder eine schulische und berufliche Ausbildung noch eine regelmäßige Erwerbstätigkeit angestrebt hat (UA S. 20). Umstände, die zur allgemeinen Art der Lebensführung des Täters gehören, dürfen ihm bei der Strafzumessung indes nur dann zur Last gelegt werden, wenn sie eine Beziehung zu der abgeurteilten Tat haben und sich daraus eine höhere Tatschuld ergibt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2000 – 2 StR 96/00, NStZ 2001, 87, 88; Beschluss vom 20. September 1996 – 2 StR 209/96, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 27; Beschluss vom 23. August 1989 – 3 StR 264/89, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 9; Beschluss vom 22. Juli 1988 – 2 StR 361/88, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 8; Beschluss vom 13. November 1987 – 2 StR 558/87, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 7). Dies ist hier jedenfalls in Bezug auf die angeführten schulischen und beruflichen Ausbildungsdefizite des Angeklagten, die – wie sich aus den Feststellungen zur Person ergibt (UA S. 2) – ihre Ursache bereits im Kindesalter und im Lebensstil seiner Herkunftsfamilie haben, nicht der Fall.“

und:

„Soweit wieder Freiheitsstrafen unter sechs Monaten verhängt werden (Fälle 6 und 7), wird § 47 Abs. 1 StGB zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 – 5 StR 490/00, BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 8).

Allein gegen alle – oder: Wenn die eigene LOStAin verklagt wird

© Igor Zakowski - Fotolia.com

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„Allein gegen alle“ , so hieß in den seligen Zeiten des Radios eine „Quizsendung“, in der ein einzelner Kandidat fünf Fragen stellte, die dann von einer ganzen Gemeinde/Stadt gelöste werden musste. Gelang das nicht, war der Kandidat eine Runde weiter und befragte beim nächsten Mal eine größere Stadt.

„Allein gegen alle“ hätte m.E. aber auch und m.E. besser als „Ärger in der Behörde Staatsanwälte zitieren ihre Chefin vor Gericht“ über den Beitrag und die Geschichte gepasst, über die die „Westfälischen Nachrichten“ heute berichten. Nämlich über die Auseinandersetzung der LOStAin Petra Hermes mit den Staatsanwälten ihres Hause, der StA Münster. Dort war ein personeller Engpass bei der Amtsanwaltschaft, der durch Mehrarbeit bei den Staatsanwälten aufgefangen werden sollte. Die waren auch zur Mehrarbeit bereit, nur gefragt werden wollten sie. Aber das hatte die LOStAin, die m.E. auf dem Weg ist, „Generälin“ in Hamm zu werden, nicht nötig und/oder nicht auf dem Schirm. Jedenfalls ging sie davon aus, dass sie die Mehrarbeit auch ohne Information – und auch ohne Anhörung (?) – des neu geschaffenen Personalrates der Staatsanwälte anordnen kann. Auch zu einer nachträglichen Anhörung war sie nicht bereit.

Nun klagt der Personalrat – so viel zur Mehrbelastung – sicherlich auch mit Rückendeckung aus Hamm. Interessant für mich die beiden letzten Absätze aus dem WN-Bericht. Einmal:

„Andere Insider berichten übrigens, dass Petra Hermes die Annahme der Klagepost beim ersten Mal schlicht abgelehnt habe.

Wenn es denn stimmt, dann fragt man sich, welches Rechtsverständnis die „gute Frau“ eigentlich hat. Und:

Von der Behördenleitung war zu dieser ganzen Angelegenheit am Mittwoch kein Statement zu bekommen. „Ich sage dazu gar nichts“, so Oberstaatsanwalt Heribert Beck auf Nachfrage unserer Zeitung. „Ich bin befangen.“

Alles in allem sicherlich ein „bemerkenswerter“ Vorgang. Ich bin mal auf die Informationspolitik gespannt.

Nun aber mal ein bisschen zügig mit der Neubescheidung

© chris52 - Fotolia.com

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Bei HRR-Strafrecht habe ich den BVerfG, Beschl. v. 25.09.2013 – 2 BvR 1582/13 – gefunden, der sich zum Beschleunigungsgrundsatz im Strafvollzug äußert, wenn es um Lockerungen im Hinblick auf die Resozialisierung geht und der JVA von der StVK eine Neubescheidung aufgegeben worden ist. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde zwar nicht zur Entscheidung angenommen, äußert sich aber zur Frage der Rechtzeitigkeit und Eilbedürftigkeit einer erforderlichen Neubescheidung:

„1. Die Vollzugsbehörden sind allerdings verpflichtet, Anträge von Strafgefangenen rechtzeitig zu bescheiden (vgl. BVerfGE 69, 161 <170>). Geht es um Entscheidungen, die unmittelbar oder mittelbar die Gewährung von Lockerungen betreffen, besteht mit Rücksicht auf die Bedeutung solcher Entscheidungen für die Resozialisierung oder Erhaltung der Lebenstüchtigkeit des Gefangenen besonderer Anlass zu zügiger Bearbeitung (vgl. BVerfG, a.a.O.; LG Hildesheim, Beschluss vom 25. Juni 2007 – 23 StVK 302/07 -, juris). Ist gerichtlich beanstandet worden, dass mehrere aufeinanderfolgende Vollzugsplanfortschreibungen sich in ihrem lockerungsbezogenen Teil zur Frage der Flucht- oder Missbrauchsgefahr nicht oder nicht ausreichend verhalten haben, und wurde die Justizvollzugsanstalt insoweit zur Neubescheidung verpflichtet, so ist die Justizvollzugsanstalt in erhöhtem Maß zur Beschleunigung verpflichtet (vgl. allgemein zu den die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen betreffenden Anforderungen in zeitlicher Hinsicht BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. November 2010 – 2 BvR 1377/07 -, juris; s. außerdem für den Grundsatz, dass der Staat sich auf verzögernde Umstände, die in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegen, nicht zulasten des Rechtsschutzsuchenden mit rechtfertigender Wirkung berufen kann, BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Oktober 2003 – 1 BvR 901/03 -, NVwZ 2004, S. 334 <335>, und vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11 -, juris; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. September 2009 – 1 BvR 1304/09 -, juris).“

Außerdem gibt es noch Hinweise zum richtigen Vorgehen: Das ist nicht der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahin, dass der Vollzugsplan in einem vom Antragsteller gewünschten Sinne fortgeschrieben wird. Sondern:

Gegen eine etwaige zögerliche Umsetzung der Gerichtsbeschlüsse, die die Justizvollzugsanstalt zur Neubescheidung verpflichten, stünde dem Beschwerdeführer der Weg des Antrags auf Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung der bereits gerichtlich ausgesprochenen Verpflichtung zur Neubescheidung (§ 120 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 172 VwGO; vgl. zum Antrag nach § 172 VwGO (vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 2 E 291/10 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 11 C 13.32 -, juris) offen.