Archiv für den Monat: April 2013

Die „Kollage“ in der Revisionsbegründung

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„Probleme“ mit der Revisionsbegründung des Verteidigers hatte der 5. Strafsenat in einem Verfahren bzw. er gibt einen recht deutlichen Hinweis, was er von einem Teil der Revisionsbegründung des Verteidigers hält. Gerügt hatte der Verteidiger u.a. wohl auch die Ablehnung eines Hilfsbeweisantrages. Dazu der BGH, Beschl. v.23.04.2013 – 5 StR 145/13 -:

„2. Bei dieser Sachlage kann der Senat dahinstehen lassen, ob er auch mit dem Generalbundesanwalt die Rüge der Ablehnung eines Hilfsbeweisantrages für durchgreifend halten würde. Dieser war auf Vernehmung der Schwester des Zeugen R. zu dessen Beziehungen zu den Nebenklägerinnen auf der Grundlage behaupteten gemeinsamen Wohnens gerichtet. An der Zulässigkeit der Rüge könnten im Blick auf die mangelhafte Angabe einer ladungsfähigen Anschrift dieser Zeugin in der Revisionsbegründung Zweifel bestehen. Darüber hinaus lässt die überaus wortreiche, aber wenig strukturierte und fast wie eine Kollage zusammengestellte Revisionsbegründungsschrift nicht ganz eindeutig erkennen, ob die Behandlung dieses Hilfsbeweisantrags überhaupt gesondert beanstandet werden soll.

Begründet wäre die Rüge allerdings, wenn sie zulässig wäre. Insgesamt hatte im Übrigen die Revision des Angeklagten Erfolg, da das LG einen Beweisantrag mit fehlerhafter Begründung abgelehnt hatte. Nun, damit kann der Verteidiger die „Kollage“ ggf. nacharbeiten/ausbessern.

Abgepresste/Sittenwidrige Vergütungsvereinbarung – Teil 2, Runde 3 folgt

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Wir hatten am 18.10.2011 unter dem Titele; Abgepresste/Sittenwidrige Vergütungsvereinbarung über das OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.08.2011 – 1 U 505/10 – 151 berichtet. In dem Zivilverfahren ging es um die Frage: Vergütungsvereinbarung unwirksam/nichtig, weil sie dem Mandanten kurz vor einem Termin „abgepresst“ worden ist? Das OLG hatte die Frage und auch einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss verneint.Das Verfahren war inzwischen beim BGH. Der hat im BGH, Urt. v. 07.02.2013 – IX ZR 138/11 – über die Revision entschieden. Er hat das OLG-Urteil aufgehoben, und zwar:

  1. Nicht beanstandet hat der BGH die Ausführungen des OLG, mit denen dieses die Sittenwidrigkeit i.S. des § 138 BGB verneint hatte.
  2. Beanstandet hat der BGH aber die Ausführungen, mit denen das OLG einen Freistellungsanspruch des Mandanten als Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB) verneint hat. Insoweit wendet der BGH (jetzt) die für das Strafverfahren geltenden Grundsätze auch im Zivilverfahren an und kommt aufgrund der Einzelumstände dazu, dass hier ggf. zu kruz vor dem Termin mit der Mandatsniederlegung gedroht worden war. Die Frage war streitig. Darüber muss jetzt Beweis erhoben werden. Also auf in die nächste Runde.

Die Frage, die sich stellt: Darf der Rechtsanwalt nun überhaupt nicht mit einer Mandatsniederlegung drohen? Antwort: Doch er darf, aber eben nicht zu kurz vor einem Termin. Erlaubt ist eine Drohung „angemessene Zeit“ vor dem Termin:

bb) Ebenso, wie es dem Anwalt grundsätzlich verwehrt ist, unmittelbar vor einem Verhandlungstermin das Mandat aus Gebühreninteresse niederzulegen, darf er eine solche Maßnahme auch zur Unzeit nicht androhen. Es ist ihm daher versagt, kurz vor einem Verhandlungstermin die Fortführung des Mandats von der Zahlung eines weiteren Honorars abhängig zu machen (BGH, Urteil vom 12. Januar 1978, aaO). Auch eine derartige Drohung ist widerrechtlich, wenn der Anwalt nicht eine angemessene Zeit vor dem Termin hinreichend deutlich macht, die von ihm gewünschte Vergütungsabrede sei die Voraussetzung für die Fortsetzung der weiteren Vertretung vor dem Zivilgericht. Nur dann ist der hiervon betroffene Mandant oder sind [im Falle der Vertretung einer juristischen Person], wie hier, die angesprochenen Gesellschafter in der Lage, die angesonnene Abrede zurückzuweisen und rechtzeitig vor dem in Betracht kommenden Verhandlungstermin andere Prozessbevollmächtigte zu bestellen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – IX ZR 18/09, BGHZ 184, 209 Rn. 38).
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Basta! Einen dritten Versuch gibt es nicht: BGH entscheidet selbst über Sicherungsverwahrung.

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Der 2. Strafsenat des BGH hatte bereits im Oktober 2011 ein Urteil des LG  Darmstadt aufgehoben, das einen Angeklagten u.a. wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften u.a. verurteilt und auch Sicherungsverwahrung angeordnet hatte. Nun hatte das LG erneut entschieden und erneut auch Sicherungsverwahrung angeordnet. Dem BGH haben die Ausführungen des LG erneut nicht ausgereicht. Er hat das landgerichtliche Urteil wiederum, und zwar durch BGH, Urt. v. 13.03.2013 – 2 StR 392/12, aufgehoben. Aber: Dieses Mal entscheidet der BGH aber selbst und lässt die Anordnung der Sicherungsverwahrung entfallen. Basta. Ende der Diskussion.

II. Der Maßregelausspruch hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand, da das Landgericht dem für die Gefährlichkeitsprognose anzuwendenden Maßstab nicht hin-reichend Rechnung getragen hat.
1. Nach der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 – 2 BvR 2365/09 u.a., BVerfGE 128, 326, 404 ff.) dürfen die – an sich verfassungswidrigen – gesetzlichen Regelungen zur Sicherungsverwahrung nur aufgrund einer „strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung“ angewandt wer-den. Die Wahrscheinlichkeit der Begehung erheblicher Gewalt- oder Sexualdelikte muss „aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten“ sein. Dies stellt gegenüber der früheren Rechtsanwendung höhere Anforderungen nicht nur an die Erheblichkeit der zu erwartenden weiteren Straftaten, son-dern auch an die Wahrscheinlichkeit der künftigen Straffälligkeit des Angeklagten (vgl. BGH, Urteil vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11, NStZ 2011, 692; Beschluss vom 13. September 2011 – 5 StR 189/11, StV 2012, 196; Beschluss vom 24. Juli 2012 – 1 StR 57/12; Senat, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 2 StR 328/11, StV 2012, 212). Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte besonders strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung verlangt vom Tatrichter daher eine eingehende Prognoseentscheidung über das Vorliegen einer hohen Wahrscheinlichkeit der künftigen Begehung schwerer Gewalt- oder Sexualdelikte ohne die Maßregel. Dies erfordert eine auf die Umstände des Einzelfalls zugeschnittene, detaillierte Darlegung derjenigen Taten, die in Zukunft vom Täter zu erwarten sind (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 594/11, NStZ-RR 2012, 141; Senat, Urteil vom 18. Juli 2012 – 2 StR 605/11). Die für den Wahrscheinlichkeitsgrad zu benennenden Umstände ergeben sich dabei regelmäßig auch aus Anzahl, Frequenz und Tatbildern von Vorverurteilungen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 – 5 StR 535/11 u. vom 10. Januar 2013 – 1 StR 93/11).
2. Nach diesem Maßstab unterliegt es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht zur Begründung der Gefährlichkeitsprognose eingangs von einem mittelgradigen Rückfallrisiko in Bezug auf sog. „hands-on-Delikte“ ausgeht, ohne mit diesem wiederholt verwendeten Begriff schon die konkret zu erwartende Sexualdelinquenz näher zu beschreiben. Damit legt das Landgericht nicht dar, welche Strafta-ten aus der Bandbreite eines sexuellen Missbrauchs von Kindern mit welcher Wahrscheinlichkeit von dem Angeklagten zu erwarten sind, dessen letzte einschlägige Tat aus Dezember 1998 längere Zeit zurückliegt, dessen erhebliche körperliche Beeinträchtigungen aufgrund der Contergan-Schädigung weiter fortschreiten und dem der Sachverständige immerhin attestierte, dass die Strafandrohung für schwere Delikte des sexuellen Missbrauchs von Kindern bei ihm Wirkung zeige (UA S. 7). Neue Umstände, welche die Gefährlichkeitsprognose negativ beeinflussen könnten, hat das Landgericht nicht festgestellt.
3. Der Senat schließt nunmehr aus, dass ein neues Tatgericht noch Tatsachen feststellen könnte, die bei Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Anordnung der Sicherungsverwahrung rechtfertigen könnten. Er entscheidet deshalb selbst in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin, dass die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung entfällt.“

NSU-Verfahren: Die Platzverlosung – ist jetzt Ruhe?

Heute hat im NSU-Verfahren die zweite Platzvergabe, die nach dem BVerfG, Beschl. v.- 12.04.2013 – 1 BvR 990/13, 1 BvR 1002/13, 1 BvR 1007/13 u. 1 BvR 1010/13 erforderlich geworden war stattgefunden. Darüber ist bereits an anderer Stelle berichtet worden (vgl. u.a. hier NSU: Mit Brigitte zu Beate – die gesamte Liste oder hier: NSU-Prozess: Presseplätze neu vergeben – oder: Das Risiko von Verlosungen bzw. hier aus der

Nun, wie eben bei einem Losverfahren zu erwarten, der/die eine hat Glück, der/die andere nicht. Und es war ja auch zu erwarten, dass es den oder die eine treffen würden, die beim ersten „Windhund-Verfahren“ einen Platz „ergattert“ jetzt, jetzt aber leer ausgeht.Dass nun gerade die „Brigitte“ einen Platz „gewonnen“ hat, die „Süddeutsche Zeitung“ aber wohl leer ausgeht, entbehrt nicht einer gewissen Komik, aber so ist das nun mal mit dem Losen.

Zur den Folgerungen aus der „Platzverlosung“ wird dann aber bereits berichtet (vgl. hier aus der Presse):

„Es ist wahrscheinlich, dass Bewerber, die in der zweiten Runde keinen Platz bekommen, gegen die Entscheidung klagen werden. Dann könnte sich das NSU-Verfahren weiter verzögern. So soll die „taz“ bereits erwägen, gegen die Platzvergabe zu klagen, um eine Videoübertragung für Journalisten zu erwirken.

Nun, also doch keine Ruhe. Die Fragen der Videoübertragung werden also auch weiterhin eine Rolle spielen. Ob man allerdings aus dem Schweigen des BVerfG zu der Problematik im „Nebenkläger-Beschluss“ v. 24.04.2013 _2 BvR 872/13 ein „gewisses Indiz“ dafür sehen kann, „dass auch das Verfassungsgericht die Videoübertragung in andere Säle nicht ganz so rechtlich unbedenklich sieht, wie manche Juristen es darstellen möchten„, (vgl. hier: BVerfG: Keine Videoübertragungsentscheidung bzgl. NSU-Prozess“ wage ich allerdings zu bezweifeln. Aus dem Schweigen des BVerfG zu dieser rechtlich nicht einfachen Frage in einem in einem einstweiligen Anordnungsverfahren ergangenen Beschluss wird man die Schlussfolgerung m.E. nicht ziehen können. Zudem: Wenn wir nun auch noch anfangen zu überlegen, wie das Schweigen des BVerfG zu bestimmten Fragen zu werten ist und ob es überhaupt einen Aussagewert hat, dann haben wir demnächst viel/noch mehr zu tun.

Und: „Nachfragen“ zum Verfahren laufen (vgl. hier NSU: Mit Brigitte zu Beate – die gesamte Liste). Denn wie heißt es im „Terrorismus-Blog“:

Völlig frei von Zweifeln ist diese Liste allerdings nicht. So hatten sich auch die Kollegen vom Hörfunk des MDR um einen Platz beworben und tauchten bei der Verlosung gar nicht auf. Stattdessen bekam der Deutschlandfunk einen Platz – dessen Kollegen allerdings unter anderem mit mir unter Führung des SWR einen Pool bilden wollten. Die Nachfragen laufen…“

Also: Mit Sicherheit keine Ruhe.

Update zu“ „Neues von Uli Hoeneß …“ – Keine Daten auf Steuer CD

Ich hatte heute Morgen in dem Beitrag „Neues von Uli Hoeneß: “Nachgebesserte Selbstanzeige” (?) und “Hoeneß auf einer Steuer-CD” (?)“ u.a. auf die Meldung bei focus.de hingewiesen, wonach der Name von Uli Hoeneß schon im Sommer des vergangenen Jahres auf einer Steuer-CD aufgetaucht sein soll, was die bayerische Justiz gewusst haben soll.

Dazu liegt jetzt eine Presseerklärung der Staatsanwaltschaft in München vor (vgl. hier LTO und der Bonner Generalanzeiger), wonach sie

„erst durch die Selbstanzeige auf Hoeneß aufmerksam geworden sei. Anderslautende Presseberichte seien falsch.

Der Bericht des Nachrichtenmagazins „Focus“, dass die bayerische Justiz bereits im vergangenen Sommer durch Bochumer Ermittler auf eine mögliche Steuerhinterziehung durch Uli Hoeneß aufmerksam gemacht worden sei, wurde von der Bochumer Staatsanwaltschaft dementiert. „Das trifft nicht zu. Auf der Steuer-CD, die die Staatsanwaltschaft Bochum bearbeitet, findet sich der Name Hoeneß nicht“, erklärte die Staatsanwaltschaft Bochum auf Anfrage der Deutschen Presseagentur (dpa).

Auch die Staatsanwaltschaft München II stellte in einer Pressemitteilung klar: „Es trifft nicht zu, dass die Staatsanwaltschaften in München im Sommer 2012 eine Steuer-CD mit den Daten von Herrn Hoeneß erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft München II wurde erst im Januar 2013 von der Selbstanzeige ‚Hoeneß‘ unterrichtet.“ Das Ermittlungsverfahren gegen Hoeneß habe man „aufgrund der Selbstanzeige 2013 eingeleitet“, sagte der Münchner Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich der dpa.

Nun dann hat sich der Punkt aus dem o.a. Posting wohl erledigt.