Und es gibt doch ein Vier-Augen-Prinzip bei der Lasermessung – zumindest in Baden-Württemberg

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Ich hatte vor einiger Zeit u.a. über den OLG Hamm, Beschl. v. 19.07.2012 – III 3 RBs 66/12 – und den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.09.2012 – IV 2 RBs 129/12 berichtet (vgl. u.a. hier: Auch beim OLG Düsseldorf gibt es kein “Vier-Augen-Prinzip”). Diese beiden OLG hatten ein sog. Vier-Augen-Prinzip bei der Lasermessung abgelehnt.

Das OLG Düsseldorf hatte zudem in seinem Beschluss dem AG Sigmaringen, das in seiner Rechtsprechung (zfs 2010, 530) ein Vier-Augen-Prinzip gefordert hatte, „freie Rechtsschöpfung“ vorgeworfen. Darauf hat nun das AG Sigmaringen im AG Sigmaringen, Urt. v. 12.02.2013, 5 OWi 15 Js 7112/12 – geantwortet, und zwar ohne große Begründung. So ein wenig nach dem Motto: Und sie dreht sich doch!“

„Bei der Messung der Geschwindigkeit ist auch die Dienstanweisung des Innenministeriums Baden-Württemberg für Geschwindigkeitsmessungen mit Laser-Geschwindigkeitshandmessgeräten (Stand: April 2010) beachtet worden. In dieser Dienstanweisung ist unter „Einsatz und Bedienung des Gerätes“ u.a. Folgendes vermerkt:

 „Die Geräte sind nach der Gebrauchsanweisung des Herstellers, den Zulassungsbedingungen der PTB und den ergänzenden Regelungen des Innenministeriums Baden-Württemberg zu handhaben. Bei widersprüchlichen Regelungen gelten die Regeln dieser Dienstanweisung. Abweichungen von den vorgegebenen Messbedingungen im Messbetrieb stellen ein Verfahrenshindernis dar. …

 „Die Geschwindigkeitsmessungen sind grundsätzlich als Anhaltekontrollen mit mindestens zwei uniformierten Beamten/Beamtinnen (einem Messbeamten/Messbeamtin und einem zweiten Beamten/Beamtin) und als Einzelmessungen durchzuführen.

 Das Messergebnis muss immer von diesen beiden Beamten/Beamtinnen abgelesen werden (Vier-Augen-Prinzip). Der zweite Beamte/Beamtin muss nicht zwingend die Laser-Schulung absolviert haben. Dies wird jedoch empfohlen.

 Das aus dem Display angezeigte Geschwindigkeitsmessergebnis kann dem Betroffenen auf dessen Wunsch gezeigt werden, soweit der Messbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird. …“

 Das Vier-Augen-Prinzip ist somit jedenfalls im Land Baden-Württemberg bei jeder Messung mit dem Lasermessgerät Riegl FG21-P zu beachten . Die Oberlandesgerichte Düsseldorf (Beschluss vom 13.9.2012, IV-2 RBs 129/12 , DAR 2012, S. 646 und BeckRS 2012,19400) und Hamm ( BeckRS 2012, 18144 und 18145) haben die Auffassung vertreten, dass bei derartigen Geschwindigkeitsmessungen kein Vier-Augen-Prinzip gelte. Dies ist jedenfalls für das Land Baden-Württemberg nicht zutreffend. Das Prinzip berücksichtigt die Tatsache, dass bei diesem Messverfahren kein Foto gefertigt wird, aus welchem die gemessene Geschwindigkeit abgelesen werden kann. Daher muss gewährleistet sein, dass der gemessene Wert richtig abgelesen und ins Messprotokoll eingetragen wird. Es dient somit dem Zweck, Ablese- und Übertragungsfehler zu vermeiden. Sowohl der Messbeamte als auch der Beobachter müssen das Messergebnis ablesen. Nach dem Eintrag in das Messprotokoll müssen beide kontrollieren, ob die Eintragung auch richtig erfolgt ist.2

Ich hatte schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass der „Vorwurf“ der „freien Rechtsschöpfung“ m.E. so nicht berechtigt ist, wenn sich das AG an die entsprechenden Richtlinien hält. Auf die wird doch sonst immer so viel Wert gelegt.

 

4 Gedanken zu „Und es gibt doch ein Vier-Augen-Prinzip bei der Lasermessung – zumindest in Baden-Württemberg

  1. Bedarfsträger

    Das OLG Stuttgart hat allerdings schon mehrfach die „aktuelle“ Rechtsprechung zum Vier-Augen Prinzip „gebilligt“. Eher eine „träge“ StA, denn „genialischer“ Sinneswandel.

  2. meine5cent

    Leitsatz der Entscheidung ist also: Eine landesrechtliche Verwaltungsvorschrift kann bundesrechtliches Beweisrecht modifizieren und eine mittelalterliche Beweisregel (zweyer Zeugen Mund…) implementieren.

  3. OG

    Leitsatz der Entscheidung ist also: Eine landesrechtliche Verwaltungsvorschrift kann bundesrechtliches Beweisrecht modifizieren und eine mittelalterliche Beweisregel (zweyer Zeugen Mund…) implementieren.

    Zu unterscheiden ist zwischen den (verwaltungsrechtlichen) Normen für die Beweiserhebung durch die Behörden im Rahmen der Verkehrsüberwachung und die (prozessualen) Normen über die Beweiswürdigung durch das Gericht. Was erstere betrifft, so ist ohne weiteres Landesrecht anwendbar (vgl. Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG). Fehler bei der Beweiserhebung können im Rahmen der Beweisverwertung berücksichtigt werden.

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