Karneval ist doch manchmal eine ernste Sache: Wer sitzt auf dem Prunkwagen wo?

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An sich sollte man an Karneval ja wohl teilnehmen aus „Spaß an der Freud“, aber das ist wohl manchmal schwer. Besonders offenbar, wenn es um die Besetzung der Prunkwagen und die (wichtige) Frage geht, wer sitzt wo. U.a. darüber war es 2008 in einem Düsseldorfer Karnevalsverein zu Unstimmigkeiten gekommen. Es wurde nämlich darüber gestritten, wer zu Anordnungen über die Besetzung des hinteren überhöhten Bereiches des Prunkwagens der Prinzengarde während des Rosenmontagszuges 2008 berechtigt war. Der Kläger und seine Ehefrau hatten voir, sich in diesen Bereich hinzu begeben, während der übrige Vorstand der Ansicht war, dass dieser Bereich allein für den 1. Vorsitzenden, den als Gast eingeladenen Tagesschausprecher X und eine Solotänzerin (!!!) reserviert war.

Nun kürzen wir es ab: Diese Unstimmigkeit und einige andere führten zum Ausschluss des Klägers aus dem Verein, der – aus formellen – keinen Bestand hatte (vgl. das AG Düsseldorf, Urt. v. 27.01.2009 – 52 C 10352/08). Lassen wir die vereinsrechtlichen Fragen mal außen vor; jedenfalls hatte der Amtsrichter dann – anders als wohl die Parteien – doch ein gewissen Portion Humor, wenn er im Urteil u.a. zum Vereinsausschluss ausführt:

„…Es kommt in einer pluralistischen Gesellschaft oft vor, dass verschiedene Meinungen und Anschauungen vertreten werden. Es kann daher gerade Sinn einer Wahl durch eine Mitgliederversammlung sein, die im Verein vorhandenen unterschiedlichen Auffassungen und Strömungen auch im Vorstand vertreten sehen zu wollen. Es ist dann urdemokratische Aufgabe der gewählten Vorstandmitglieder diese Unterschiede zu ertragen und ggf. zu einem Ausgleich zu bringen. Dieses würde vollkommen unterlaufen, wenn eine Mehrheitsströmung in einem Vereinsvorstand die Möglichkeit hätte, die Minderheit einfach auszuschließen. Damit würde der hinter der Wahl stehende Wille der Mitglieder vollständig missachtet

Im Übrigen entspricht dies nicht nur demokratischen Prinzipen, sondern auch karnevalistischen Grundsätzen wie etwa „Jeder Jeck ist anders“ und „Man muss auch gönne könne …..

Im übrigen ist auch die inhaltliche Begründung des Vereinsausschlusses wenig überzeugend und erscheint unverhältnismäßig. Der beklagte Verein geht selbst davon aus, dass der Kläger noch nicht seinen Rücktritt erklärt hatte. Hat aber jemand einen Rücktritt nur angekündigt und noch nicht erklärt, so liegt in der Natur der Sache, dass es bis zum vorgesehen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch zu einem Sinneswandel kommen kann. Es ist bei nahezu jedem angekündigten Rücktritt eines Politikers zu beobachten, dass er von politischen Weggefährten noch aufgefordert wird, seinen Entschluss zu überdenken. Sollte er darauf hin aufgrund einer als ausreichend empfunden Unterstützung seinen Entschluss tatsächlich überdenken, ist dies legitim. Der Kläger erinnert – wenn auch in anderem Zusammenhang – nicht zu Unrecht an Konrad Adenauer. Dieser hatte 1959 seinen Rücktritt als Bundeskanzler angekündigt, um sich zum Bundespräsidenten wählen zu lassen. Nach einem Blick in das von ihm mitverfasste Grundgesetz und Kenntnisnahme über die schwache Machtstellung des Bundespräsidenten hat er seinen Rücktritt von seinem angekündigten Rücktritt erklärt und wurde zwei Jahre später sogar noch einmal zum Bundeskanzler gewählt. Der beklagte Verein konnte daher nicht ohne weiteres darauf vertrauen, der Kläger würde jedenfalls zurücktreten, denn dann hätte er dies ja bereits früher erklären können. Hatte der Vorstand im Vertrauen auf in diese Richtung gehende Erwägungen den vorgesehenen Tagesordnungspunkt einer Abwahl des Klägers durch die Mitgliederversammlung von der Tagesordnung wieder herunter genommen, war er in diesem Vertrauen nicht geschützt. Im übrigen wäre eine beabsichtigte Abwahl auf satzungsgemäßem Weg dadurch nur unwesentlich zeitlich verzögert worden. diese Verzögerung wäre dem Beklagten zumutbar gewesen.“

 

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