Anfängerfehler: Bezugnahme/Bindung nach Aufhebung?

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Hier ist mal wieder ein – in meinen Augen – Anfängerfehler, aber nicht eines Anfängers, sondern einer ausgewachsenen Strafkammer, bei der man nicht davon ausgehen kann, dass sie (nur) mit Anfängern besetzt ist. Was ist passiert?

Das LG Bonn hat den Angeklagten mit Urteil vom 28. 07. 2011 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Der 2. Strafsenat des BGH hat mit Beschluss vom 14. 12. 2011 dieses Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die neu entscheidende Strafkammer hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte wiederum Revision eingelegt, die Erfolg hat. Der BGH hebt im BGH, Beschl. v. 12. 12. 2012 – 2 StR 481/12 – erneut auf, denn:

1. Die Strafkammer hat zum Werdegang und zur Person des Angeklagten auf das aufgehobene Urteil Bezug genommen und dessen Feststellungen wörtlich übernommen sowie optisch eingerückt. Diese Vorgehensweise lässtbesorgen, dass das Landgericht vom Revisionsgericht nach § 353 StPO aufgehobene Feststellungen unzulässiger Weise dem neuen Urteil zugrunde gelegt hat. Die Feststellungen zur Person des Angeklagten, namentlich zu seinem Lebenslauf, gehören nicht zur Schuld-, sondern zur Straffrage, über die nach der Aufhebung des Urteils durch den Senat im Strafausspruch mit den Feststellungen umfassend neu zu befinden war (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 – 5 StR 540/10; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 353 Rn. 20 mwN). Die Strafkammer hat zwar zum Lebenslauf des Angeklagten hinsichtlich einer Marginalie eine abweichende Feststellung getroffen; daraus kann hier jedoch nicht geschlossen werden, dass sie insoweit im Übrigen eigenständig zu inhaltsgleichen Feststellungen gelangt ist wie das Ersturteil.
2. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass es an die Feststellungen des aufgehobenen Urteils zu den Voraussetzungen des § 21 StGB gebun-den ist (UA 16). Dies ist rechtsfehlerhaft. Die Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehört nicht zum Schuldspruch, sondern allein zum Strafausspruch (BGH, Beschluss vom 15. April 1997 – 5 StR 24/97, NStZ-RR 1997, 237; Meyer-Goßner aaO). Die Feststellungen hierzu waren durch die Entscheidung des Senats vom 14. Dezember 2011 aufgehoben, so dass die Strafkammer auch insoweit eigene neue Feststellungen hätte treffen müssen.“

Wie gesagt: M.E. Anfängerfehler.

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