Überraschung/Sensation (?) – Der EGMR und der Abgesang auf die Berufungsverwerfung

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Mehrere Kollegen haben mich schon auf die vom Kollegen Prof. Dr. Sommer aus Köln erstrittene Entscheidung des EGMR vom 08.11.2012 in Sachen  Neziraj gegen Deutschland (Nr. 30804/07) hingewiesen. Danach ist die Vorschrift des § 329 Abs. 1 StPO, die eine Verwerfung der Berufung des Angeklagten auch dann zulässt, wenn der Angeklagte in der Hauptverhandlung vertreten ist, konventionswidrig.

Bisher habe ich das Urteil des EGMR noch nicht lesen können. Es gibt bislang noch keine Übersetzung, sondern nur die auf der Homepage des Kollegen Dr. Sommer eingestellte Originalentscheidung.

Die Entscheidung dürfte dann zum (zumindest teilweisen) Abgesang der Berufungsverwerfung führen. Anders gesehen – nämlich nicht konventionswidrig – haben vor kurzem erst nach das OLG Düsseldorf (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. 2. 2012 – III-2 RVs 11/12) und das OLG Hamm (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 14. 6. 2012 – III 1 RVs 41/12) entschieden.

Schade, dass die EGMR-Entscheidung erst jetzt kommt. Jetzt steht es in der 7. Auflage des Handbuch für die Hauptverhandlung auch (noch) anders.

Wer allerdings noch Verfahren mit Berufungsverwerfungen anhängig hat, sollte – wenn es noch geht – Revision einlegen.

3 Gedanken zu „Überraschung/Sensation (?) – Der EGMR und der Abgesang auf die Berufungsverwerfung

  1. Florian

    Das wissen wir doch schon seit der Entscheidung Pietiläinen gegen Finnland aus dem Jahr 2009.

    Die Frage ist seitdem doch nur, ob und ggf. wie die Fachgerichte das berücksichtigen dürfen, solange der Gesetzgeber den § 329 I StPO nicht ändert. Deswegen ändert sich durch die neuerliche Entscheidung des EGMR erstmal auch gar nichts.

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