Step by Step – erst Beweiswürdigung, dann in dubio pro reo

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Step by Step – erst Beweiswürdigung, dann in dubio pro reo, oder immer schön der Reihe nach, habe ich gedacht, als ich den BGH, Beschl. v. 16.08.2012 – 3 StR 180/12 – gelesen habe. es geht mal wieder um Beweiswürdigungsfragen. Der Angeklagte ist vom Vorwurf des Mordes – zwei Mal – frei gessprochen worden, dagegen die Revision der Staatsanwaltschaft, die die Beweiswürdigung des LG angreift. Die hält aber beim BGH, der zwei Kernaussagen trifft.

Einmal der alt bekannte Satz/Textbaustein – hier aber mal zu Gunsten des Angeklagten:

„a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen; denn die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem um-fassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht ist demgegenüber auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen stellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326).“

Und dann ein Hinweis, der hier allerdings nicht zum Tragen gekommen ist, der aber in anderen Fällen Bedeutung haben kann:

„(1) Soweit die Revision rügt, das Landgericht habe bei der Bewertung je-des einzelnen, den Angeklagten potentiell belastenden Beweismittels gemäß dem Grundsatz „in dubio pro reo“ denjenigen Schluss gezogen, der den Angeklagten entlaste, ist ihr zwar im Ansatz zuzugeben, dass der Zweifelsgrundsatz eine Entscheidungsregel ist, die grundsätzlich nicht auf die einzelnen Elemente der Beweiswürdigung anzuwenden ist, sondern erst nach deren Abschluss ein-greift (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 261 Rn. 26 mwN). Gegen diesen Grundsatz hat das Landgericht jedoch nicht verstoßen. Den ausführlichen Urteilsgründen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Strafkammer die einzelnen den Angeklagten be- und entlastenden Umstände dargestellt und deren jeweili-gen Beweiswert vor dem Hintergrund der für ein Alibi des Angeklagten spre-chenden Beweise gewürdigt hat. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.“

Also: Schön der Reihe nach.

 

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