Das Schattendasein des § 465 Abs. 2 StPO – einer für die Kostenverteilung wichtigen Vorschrift

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Manche Vorschriften führen in meinen Augen ein Schattendasein, d.h. sie werden häufig übersehen. Und zwar nicht nur von den Gerichten, sondern auch von Verteidigern, die auf sie nicht hinweisen und die Gerichte damit nicht „zwingen“ sich mit den Vorschriften auseinanderzusetzen. Zu diesen Vorschriften gehört § 465 Abs. 2 StPO.

In § 465 StPO ist die Kostentragungspflicht  des Angeklagten geregelt.

In Absatz 1 heißt es:

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
Absatz 2 macht davon eine Ausnahme, die in den Fällen des Teilfreispruchs eine Rolle spielen kann. Dort heißt es:
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Und auf diese Ausnahme weist der BGH, Beschl. v. 09.10.2012 – 5 StR 441/12 – hin. Der nur teilweise verurteilte Angeklagte, dem aber offenbar dennoch die gesamten Kosten auferlegt worden waren, hatte gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung sofortige Beschwerde eingelegt, die Erfolg hatte. Dazu der BGH:

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung (§ 464 Abs. 3 StPO) hat hingegen vorläufig Erfolg und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an die Strafkammer des Landgerichts (BGH, Beschluss vom 12. Februar 1998 – 1 StR 777/97, StV 1998, 610 mwN). Das Landgericht hätte sich aufgrund der erheblichen Diskrepanz zwischen dem mit der Anklage erhobenen Vorwurf (versuchte besonders schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen eines Schlagrings) und dem abgeurteilten Waffendelikt zu einer Prüfung des § 465 Abs. 2 StPO veranlasst sehen müssen. Entsprechende Feststellungen hierzu hat das Landgericht weder getroffen noch erkennen lassen, dass es sich einer Entscheidungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift bewusst war.“

Diese Vorschrift sollte man als Verteidiger beim Teilfreispruch auf dem Schirm haben.

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