Die Geschichte eines Beschlusses – Akteneinsicht a la AG Parchim

Manchmal ist es schon ganz interessant zu erfahren/zu wissen, wie es eigentlich zu einem Beschluss gekommen ist bzw., was sich vorab abgespielt hat. Deshalb stelle ich dem AG Parchim, Beschl. v. 08.10.2012 – 5 OWiG 407/12 – die Ausführungen voran, die der Kollege, der mir den Beschluss geschickt hat, bei der Übersendung erläutern gemacht hat:

„…anbei ein Beschluß des AG Parchim zur Bedienungsanleitung, welcher dem vorgeblichen Urheberrecht eine Absage erteilt.

An sich ja nichts so neues (mehr), interessant daran ist, dass auf Anforderung der BedAnl die Bußgeldstelle zunächst Zugangsdaten für einen Onlinezugang unter http://onlinehandbuch.vidit-systems.de/index.php/anmelden/login übersandte, unter dem man per http://www.3dpageflip.com/ ein Onlinebuch durchblättern kann, bei dem es nicht möglich ist, die Anleitung komplett oder einzelne Seiten auszudrucken. Im Rahmen der Registrierung folgt der Hinweis von Vidit „Das Recht zur Einsicht der Bedienungsanleitung gilt nur für die Dauer des Verfahrens. Der Ausdruck, Nachdruck, auch auszugsweise, ohne ausdrückliche Erlaubnis des Herausgebers ist nicht statthaft.“.

Ich teilte der Bußgeldstelle darauf mit, dass der Hersteller eine zur sachgerechten Verteidigung erforderliche Einsicht vereiteln würde und verwies auf den beigefügtene Ausdruck der Registrierungsmaske.

Dazu verwies ich darauf, daß eine sachgerechte Vorbereitung auf die Zeugenvernehmung des Messbeamten, erfordert, dass die Verteidigung sich eine komplette Kopie – zumindest soweit die eigentliche Bedienung und Vorbereitung der Messung selbst betroffen ist – verschaffen muß, um anhand derer die Befragung des Messbeamten als Zeugen zu gestalten. Es sei weder zeitlich noch vom Aufwand her zumutbar, mittels Screenshots zig Einzelseiten zum kaum lesbaren Ausdruck zu bringen (was möglich wäre), zumal der Hersteller dieses ausdrücklich nicht genehmigt.

Als Antwort verwies die Bußgeldstelle des Landkreises Ludwigslust-Parchim darauf,  man könne „nach nochmaliger Rücksprache mit der Fa. Vidit mitteilen, dass die Seiten nur käuflich über die Firma selbst erworben werden können. Das eigenständige Ausdrucken ist aus urheberechtlichen Gründen nicht möglich“.

Das hat das AG Parchim in seinem Beschluss dann anders gesehen.:

Der Verteidiger hat den Landkreis Ludwigslust-Parchim als zuständige Verwaltungsbehörde um Übersendung einer Kopie der Bedienungsanleitung des Abstandsmessgerätes VKS 3.0 gebeten. Dies hat der Landkreis mit der Begründung abgelehnt, es stünden urheberrechtliche Bedenken einer Vervielfältigung der dort vorhanden Bedienungsanleitung entgegen. Dem ist nach ständiger Rechtsprechung nicht so.

Grundsätzlich erstreckt sich das Recht des Verteidigers auf Akteneinsicht auch auf solches verfahrensbezogenes Material der Verwaltungsbehörde, das in den Akten nicht enthalten ist, etwa die Bedienungsanleitung, Wartungs- und Störungsprotokolle des verwendeten Messgerätes u.ä.. Nur so ist der Verteidiger in die Lage versetzt, das ordnungsgemäße Zustandekommen des Messergebnisses zu überprüfen und gegebenenfalls in der Hauptverhandlung die betr. Messbeamten hinreichend zu befragen.

Im nächsten Jahr wird es uns dann ja der AK IV des 51. VGT sagen, wie es geht (vgl. hier). Wirklich?

Ein Gedanke zu „Die Geschichte eines Beschlusses – Akteneinsicht a la AG Parchim

  1. Andreas Kiehne via Facebook

    Was für ein Kasperletheater. Anstatt diese Sache ins unermessliche zu strecken, könnte die Behörde auch einfach das Verfahren einstellen und damit hat es sich erledigt. Eine absolute Verschwendung unserer Steuergelder möchte man meinen.

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