Warum kommt die Entscheidung in BGHSt? – nun einen Grund gibt es…

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Der BGH weist bei der Veröffentlichung seiner „Leitsatzentscheidungen“ ja immer darauf hin, wo diese veröffentlicht werden (sollen). Dazu gehört immer auch  der Hinweis, ob sie in die amtliche Sammlung BGHSt aufgenommen werden. Daraus kann man dann sofort die Bedeutung der Entscheidung ablesen – falls diese aufgrund der Leitsätze nicht offen liegt.

Nicht immer erschließt sich aber, warum bestimmte Entscheidungen in die amtliche Sammlung BGHSt aufgenommen werden sollen. So ist es mir bei  dem BGH, Beschl. v. 13.06.2012 – 2 StR 112/12 -, der zudem auch noch verhältnismäßig spät auf der Homepage des BGH eingestellt worden ist, ergangen. Die Leitsätze zeigen nichts wesentlich Neues auf:

1. Die Zulässigkeit der Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 252 StPO setzt nicht den Vortrag voraus, der zeugnisverweigerungsberechtigte Zeuge habe nicht nach qualifizierter Belehrung auf das Verwertungsverbot verzichtet.

2. Die qualifizierte Belehrung über Möglichkeit und Rechtsfolgen eines Verzichts auf das Verwertungsverbot gemäß § 252 StPO sowie die daraufhin ab-gegebene Verzichtserklärung eines zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen sind als wesentliche Förmlichkeiten des Verfahrens in das Hauptverhandlungs-protokoll aufzunehmen (§ 273 Abs. 1 StPO).

3. Ist auf das Verwertungsverbot aus § 252 StPO wirksam verzichtet worden, ist die frühere Aussage des zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen nach allgemeinen Regeln verwertbar; dies schließt eine Verlesung gemäß § 251 Abs. 2 Nr. 3 StPO ein.

Man fragt sich also warum, da die bahnbrechend Neues nicht enthält: Die mit dem Zeugnisverweigerungsrecht und der Verwertung früherer Angaben des Zeugen, der richterlich vernommen worden ist, zusammenhängenden Fragen sind geklärt (vgl. dazu (demnächst) Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 7. Aufl., 2012, Rn. 2088 m.w.N.).

Nun, ein Punkt ist allerdings doch ganz interessant und rechtfertigt vielleicht den Aufstieg in BGHSt: Das ist die Frage der Zulässigkeit der Verfahrensrüge. Insoweit setzt der BGH – allerdings ohne darauf hinzuweisen – konsequent die Rechtsprechung des BVerfG zu den sog. Negativtatsachen um (vgl. BVerfG NJW 2005, 1999) und erliegt nicht der Versuchung, die Anforderungen an die Verfahrensrüge noch weiter nach oben zu schrauben. Das BVerfG (a.a.O.) hat nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anforderungen nicht überspannt werden dürfen. Das lag für den BGH aber wohl auf der Hand, wenn er nun zur ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge auch noch Vortrag dazu verlangt hätte, dass die (vermeintlich) geschädigten Zeuginnen auf das Beweisverwertungsverbot des § 252 StPO nicht wirksam verzichtet hatten. Das wäre dann wohl die Ausnahme von der Ausnahme gewesen.

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