Lebensakte im Bußgeldverfahren – es gibt sie – und wenn nicht sind wenigstens Auskünfte zu erteilen – gut so

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Akteneinsicht im Bußgeldverfahren – sicherlich nichts aus dem Sommerloch, sondern ein Thema, dass die Gerichts nun schon länger beschäftigt. Das zeigt sich für mich nicht zuletzt daran, dass ich immer wieder von Kollegen Entscheidungen der AG zu den damit zusammenhängenden Fragen zugesandt bekomme., mit der Bitte, über diese Entscheidungen dann hier zu berichten.

Tue ich gerne, vor allem, wenn man so schöne Entscheidungen bekommt wie den AG Hagen, Beschl. v. 28.06.2012 – 97 OWi 5/12 (b) -, den man überschreiben könnte: Und es gibt sie doch – die Lebensakte. Und wenn es sie nicht gibt bzw. sie nicht geführt wird, hat Verwaltungsbehörde „Auskunft zu erteilen über Reparaturen, Wartungen, vorgezogene Neueichungen oder vergleichbare, die Funktionsfähigkeit des Messgeräts berührende Ereignisse, die im betroffenen Eichzeitraum stattgefunden haben.“ M.E. richtig.

Interessant ist die Entscheidung auch noch aus einem zweiten Grund. Sie lässt es der Verwaltungsbehörde nicht durchgehen, wenn sie überhaupt oder zögerlich entscheidet. Auch dann ist der Antrag nach § 62 OWiG zulässig.

„Die Verwaltungsbehörde hat vorliegend zwar den Antrag des Verteidigers nicht ausdrücklich abgelehnt. Aus ihrem gesamten Verhalten ergibt sich jedoch, dass die Verwaltungsbehörde das Akteneinsichtsrecht nicht oder jedenfalls nicht hinreichend erfüllt hat. Zunächst wurde am 06.02.2012 ausdrücklich auch Einsicht in die im Tenor näher bezeichneten Unterlagen begehrt. Dem ist die Behörde nicht nachgekommen, sondern sie hat stattdessen einen Bußgeldbescheid erlassen. Nachdem der Verteidiger im Einspruchsverfahren seinen Antrag wiederholt und eine gerichtliche Entscheidung beantragt hat, hat die Verwaltungsbehörde nicht etwa abgeholfen, sondern zunächst zu einer möglichen Abhilfe angehört. Sie hat auch nicht etwa zeitgleich eine Einholung der Auskünfte verfügt, woraus ein ernsthafter Abhilfewille zumindest objektiv erkennbar geworden wäre. Schließlich wurde die Akte, wiederum ohne objektiv erkennbare Abhilfebemühungen, dem Gericht vorgelegt.

Eine solch zögerliche Sachbehandlung kommt für den Betroffenen einer Ablehnung gleich. Der Betroffene hat insofern zu Recht eine gerichtliche Entscheidung verlangt, die allein aus Gründen der Rechtssicherheit auch zu ergehen hat, wenngleich eine förmliche Ablehnung seines Begehrens bislang nicht erfolgt ist. Indem die Verwaltungsbehörde aber das Verfahren ohne objektive Bemühungen der Abhilfe weiterbetrieben und sogar einen Bußgeldbescheid erlassen hat, zeigt sie zumindest so unzureichend ihren Willen zur Abhilfe, dass eine gerichtliche Entscheidung zugunsten des Betroffenen geboten war.“

Die zweite Entscheidung, über die ich in dem Zusammenhang „Akteneinsicht“ berichten will, ist weniger „schön“. Der AG Aurich, Beschl. v. 06.07.2012 – 5 OWi 1647/12 – stärkt der Fraktion den Rücken, die bei der Akteneinsicht mehr die Interessen der Verwaltungsbehörden im Blick hat. Das Argument: Akteneinsicht durch Übersenden einer Kopie ist für die Behörde unzumutbar, zieht m.E. aber nicht. Das geht mit einem PDF ganz einfach. Und das gibt es sicherlich auch schon in Aurich :-).

 

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