Akteneinsicht verweigert – dann Konfliktverteidiger?

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Die mit der Akteneinsicht (im Bußgeldverfahren) zusammenhängenden Fragen beschäftigen die Rechtsprechung. Dabei geht es i.d.R. um die Art und Weise der Akteneinsicht und immer wieder auch um die Frage, ob bei (teilweiser) Verweigerung von Akteneinsicht durch das Gericht ein Rechtsmittel gegeben ist. Die Frage war schon früher umstritten; m.E. ging die wohl h.M. (für das Strafverfahren) zu einem „Ja“. Derzeit weht der Wind aber aus einer anderen Richtung. Zunehmend wird auf § 305 S. 2 StPO verwiesen und die Beschwerde als unzulässig angesehen. So auch der LG Arnsberg, Beschl. v. 24.04.2012 – Qs 24/12:

„Mit den abgelehnten Anträgen begehrte die Verteidigung nach eigenem Vortrag um-fassende Akteneinsicht gem. §§ 46 Abs. 1 OWiG, 147 StPO. Bei der Entscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich des Umfangs des Akteneinsichtsrechts handelt es sich um eine der Urteilsfällung sachlich und zeitlich vorausgehende und mit ihr in einem inneren Zusammenhang stehende Entscheidung des erkennenden Richters, die gern. § 305 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG unanfechtbar ist.

Das grundsätzlich bestehende Recht auf Akteneinsicht durch einen Verteidiger sichert den Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren, wodurch eine effektive Verteidigung ermöglicht werden soll. Dies wird gesichert durch den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 8 StPO, der über § 79 Abs. 3 OWiG auch im Bußgeldverfahren Anwendung findet. Jede im Hauptverfahren getroffene Entscheidung des erkennenden Richters, die dieses Recht des Betroffenen berührt, steht mit der Urteilsfällung in innerem Zusammenhang, da sie Einfluss auf den Inhalt des Urteils haben kann (LG Limburg, Beschluss vom 30.08.2011, 1 Qs 116/11; LG Lüneburg, Beschluss vom 19.07.2011, 26 Qs 190/11, VRR 2011, 436, OLG Hamm NStZ 2005, 226 m. w. N.; LG Arnsberg, Beschluss vom 08.12.2011, 2 Qs 79/11).

Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde vorliegend nach zulässigem Einspruch und unmittelbar vor der Terminierung, mithin im Hauptverfahren gern. §§ 71 ff. OWiG getroffen.

Sie kann daher gem. § 305 S. 1 StPO i. V. m. § 46 OWiG nicht mit der Beschwerde, sondern nur mit dem entsprechenden Rechtsmittel nach Urteilserlass, hier – je nach dem Inhalt des Urteils – die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG oder der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gern. § 80 Abs. 1 OWiG, angegriffen werden.“

Ist m.E. nicht richtig, aber: Der Verteidiger muss sich darauf einstellen und in der Hauptverhandlung einen Beschluss herbeiführen (§§ 338 Nr. 8, 238 Abs. 2 StPO). Das bringt natürlich Unruhe und wahrscheinlich demnächst den Vorwurf der „Konfliktverteidigung“ im Bußgeldverfahren. Das sind dann aber die Geister, die man rief.

 

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