Terminsvertreter: Gebührenanspruch – mal so, mal so

Im Gebührenrecht des Teil 4 VV RVG ist die Frage der Honorierung des sog. Terminsvertreters in der Rspr. heftig umstritten. Dabei war es bisher weitgehend unbestritten, dass er nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abrechnet. Nur die Frage, ob er nur die Terminsgebühr oder ggf. auch die Grundgebühr und möglicherweise sogar die Verfahrensgebühr verdient, war umstritten. Ein neues Faß macht jetzt der OLG Rostock, Beschl. v.  15.09.2011 – I Ws 201/11 auf. Er geht ggf. über Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG und führt dazu aus:

„Beschränkt sich die Beiordnung allein auf die Beistandsleistung in einem Hauptverhandlungstermin, ist nach Auffassung des Senats auch eine Vergütung als Einzeltätigkeit nach VV RVG Nr. 4301 Ziff. 4 denkbar. Die ganz herrschende Meinung lehnt die Vergütung des nur für einen Terminstag beigeordneten Verteidigers als Einzeltätigkeit mit der Begründung ab, dass dem für den Termin beigeordnete Rechtsanwalt sachlich unbeschränkt die Verteidigung übertragen werde, er also nicht aus dem Aufgabenbereich des Verteidigers einzelne Tätigkeiten übernehme, so dass er trotz der zeitlichen Beschränkung seiner Tätigkeit als Verteidiger im Sinne des Abschnitts 1 VV RVG Teil 4 anzusehen sei (vgl. Gerold/Schmidt-Burhoff 19. Aufl. VV Vorb. 4.3 Rn. 4, VV Einl. Vorb. Teil 4.1 Rn. 9). Diese Auffassung lässt sich jedoch mit dem Gesetz nicht in Einklang bringen. In VV RVG Nr. 4301 Ziff. 4 wird die Beistandsleistung für den Angeklagten in einer Hauptverhandlung als mögliche Einzeltätigkeit angesehen, soweit dem Rechtsanwalt nicht im Sinne der Vorbemerkung VV RVG Nr. 4.3 sonst die Verteidigung übertragen wurde. Dass die Verteidigung im Termin sachlich uneingeschränkt erfolgt, versteht sich von selbst. Der Rechtsanwalt, welchem allein die Verteidigung in einem Hauptverhandlungstermin im Wege der Beiordnung übertragen wird, nicht aber die Verteidigung im Übrigen, übt daher eine Einzeltätigkeit aus und ist nach VV RVG Nr. 4301 Nr. 4 zu vergüten (so auch für die Beiordnung eines Zeugenbeistands allein für die Vernehmung in einen Hauptverhandlungstermin: Beschl. des Senats v. 12.10.2010 – I Ws 270/10).“

Formulierungen wie: „lässt sich jedoch mit dem Gesetz nicht in Einklang bringen“. Die ganz h.M. entscheidet also contra legem? Nur man selbst hat den Stein des Weisen gefunden. Klingt immer – jedenfalls für mich – leicht arrogant. Nun ja. Und übrigens: M.E. ist die Auffassung auch falsch. Aber dazu ist genug geschrieben.

5 Gedanken zu „Terminsvertreter: Gebührenanspruch – mal so, mal so

  1. Rpfl Niedersachsen

    Ich entscheide mittlerweile nach OLG Celle (OLG Celle, Beschl. v. 19.12.2008 – 2 Ws 365/08), d. h. der TV erhält die Terminsgebühr + Auslage + USt., also 263,00 + 20,00 + USt. = 336,77 EUR. Wenn der TV aber NUR für den HVT und nicht für den ganzen Tag beigeordnet worden ist und neben der Terminsvertretung keine Tätigkeit mehr entwickelt, kann Nr. 4301 VV RVG in Betracht kommen. (Celle unterscheidet hier nicht.) Rostock sagt ja selbst es hält dies für „denkbar“, schließt also nicht aus, dass bei anderer Sachlage wie o. g. zu verfahren ist.

    Ganz ausgeschrieben ist das m. E. nicht, von einer h. M. will ich also noch gar nicht sprechen.

  2. Detlef Burhoff

    hallo, ok, ein Schritt in die richtige Richtung. Es kann aber m.E. nicht danach gehen, wie lange der Termin dauert. Entweder/oder, Sekt oder Selters.
    H.M.: Es kommt immer darauf an, wie man den Begriff definiert. Zumindest haben wir eine überwiegende Meinung 🙂

  3. Rpfl Niedersachsen

    Das wäre nun interessant. Der Terminsvertreter, der die Terminsgebühr abrechnen kann bekommt auch den Längenzuschlag, wenn die HV länger als 5 Stunden dauert.

    Der Terminsvertreter, der die Einzeltätigkeit abrechnen muss, könnte dies aber nicht, weil er nur nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG abrechnen darf. Das ist eigentlich nicht hinnehmbar.

  4. Rpfl Niedersachsen

    Wie gesagt, nach OLG Celle gibt es keinen Unterschied zwischen der Beiordnung für den ganzen Tag oder nur für den HVT (dort unter I.). Es entsteht in beiden Fällen die Terminsgebühr. Dauert die Verhandlung länger als fünf Stunden vom Zeitpunkt der Ladung bis zum Ende (ggf. abzgl. Mittagpause), gibt es konsequenterweise auch den Längenzuschlag.
    Die o. g. Ungleichheit ist damit nur ein Problem im OLG-Bezirk Rostock.

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