Rechnen müsste/sollte man können

Das konnte die Strafkammer in dem dem BGH, Beschl. v. 24.08.2011 – 1 StR 317/11 zugrundeliegenden Verfahren offenbar nicht bzw. hat es nicht getan. Denn sonst wäre ihr aufgefallen, dass bei einer von ihr verwendeten Voreintragungen längst gem. “ 51 BZRG Tilgungsreife eingetreten war. Die Verurteilung datierte vom 17.10.1990, die neue Verurteilung vom 22.11.2010. Der BGH findet im Urteil des LG keine Anhaltspunkte für eine Unterbrechung. Daher:

Schon die – vorbehaltslose – Erwähnung der früheren Verurteilung in der Hauptverhandlung und in den Urteilsgründen stellt einen unzulässigen Vorhalt und daher einen Verstoß gegen § 51 Abs. 1 BZRG dar (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 1992 – 2 StR 454/91). Dies könnte den Bestand des Rechtsfolgenausspruchs allerdings dann nicht gefährden, wenn auszuschließen wäre, dass sich der Rechtsfehler bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Dies ist hier indes nicht der Fall; die Strafkammer hat die Vorverurteilung zum Nachteil des Angeklagten verwertet.
Zwar hat das Landgericht dem Angeklagten bei den allgemeinen Strafzumessungserwägungen zur Festsetzung der Einzelstrafen einen – bis zu den nunmehr abgeurteilten Taten – untadeligen Lebenslauf bescheinigt. Bei den Erwägungen zur Strafaussetzung zur Bewährung hat es festgestellt, dass die Vorstrafe einer günstigen Sozialprognose nicht entgegenstehe.
Jedoch hat die Strafkammer bei ihrer Entscheidung, bei allen Taten (Einzel-)freiheitsstrafen zu verhängen, auch wenn diese unter sechs Monaten liegen (§ 47 Abs. 1 StGB), die Vorverurteilung des Angeklagten einbezogen. Von den 17 Einzelfreiheitsstrafen liegen 14 unter sechs Monaten (sechs mal drei Monate, acht mal vier Monate). Die Strafkammer hat dazu folgende Erwägungen angestellt:
„Die besonderen Umstände, die die Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich machen, liegen bereits in Form der Viel-zahl der Taten, der organisierten Arbeitsweise und der jeweils entstandenen nicht unerheblichen Schäden vor, die insgesamt eine nicht unerhebliche kriminelle Energie des Angeklagten offenbaren. Im Übrigen ist auch die – wenn auch nicht einschlägige – Vorstrafe (vgl. Stree in Schönke/Schröder, StGB § 47 Rn. 11) zu berücksichtigen. Zwar lässt sich bei Wiederholungstätern die Unerlässlichkeit einer Freiheitsstrafe nicht schematisch bejahen (vgl. OLG Schleswig NJW 1982, 116). Die Beurteilung der Frage, ob die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten zur Einwirkung auf einen Wiederholungstäter wegen der in der Tat oder Persönlichkeit liegenden Umständen unerlässlich ist, hängt viel-mehr – ebenso wie beim Ersttäter – von den Umständen des Einzelfalls ab. Vor dem Hintergrund der Verhängung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren im Jahr 1990, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, zeichnet sich nach dem vom Angeklagten gewonnenen persönlichen Eindruck klar ab, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe das einzige Mittel ist, den Angeklagten vom Fortsetzen strafbaren Verhaltens abzubringen.“
Damit hat die Strafkammer auch der Vorverurteilung wesentliches Gewicht bei der Entscheidung nach § 47 Abs. 1 StGB beigemessen…..“

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