Vorläufiges Berufsverbot für den Rechtsanwalt – muss schon zeitnah kommen

Der angeklagte Rechtsanwalt wird mit nicht rechtskräftigem Urteil des Landgerichts im Berufungsverfahren wegen versuchter Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt; gleichzeitig wird gegen den Angeklagten ein Berufsverbot für die Tätigkeit als Rechtsanwalt für die Dauer von drei Jahren verhängt. Mit Beschluss vom selben Tag hat die Berufungskammer gegen den Angeklagten gemäß § 132a StPO dann ein vorläufiges Berufsverbot für die Tätigkeit als Rechtsanwalt verhängt. Dagegen die Beschwerde des Angeklagten, die beim OLG Nürnberg Erfolg hatte.

Zur Sache kann man leider wenig sagen, da insoweit der OLG Beschluss „dünn ist“, da er nur auf die landgerichtliche Entscheidung Bezug nimmt. Aber verfahrensrechtlich ist zumindest ein vom OLG angesprochener Punkt von Interesse. Das OLG führt im OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.07.2011 – 1 Ws 31o/11 aus:

….Allein das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 70 StGB i.V.m. § 132a StPO rechtfertigt ein vorläufiges Berufsverbot jedoch noch nicht. Wegen der überragenden Bedeutung von Art. 12 Abs. 1 GG muss hinzukommen, dass die als Präventivmaßnahme mit Sofortwirkung ausgestaltete Anordnung wegen ihrer erheblichen Intensität und irreparablen Wirkung erforderlich ist, um bereits vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter abzuwehren, die aus einer Berufsausübung durch den Angeklagten resultieren können (vgl. BVerfG EuGRZ 2006, 197, BVerfGE 48, 292). Daran fehlt es vorliegend, da die Berufungskammer in diesem Zusammenhang alleine auf die im Rahmen des § 70 StGB zu prüfende Wiederholungsgefahr abgestellt und nicht auch geprüft hat, aufgrund welcher konkreten Gefahrenlage ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Urteils nicht verantwortet werden kann.

Zwar wird grundsätzlich auch die konkrete Gefahr erheblicher Rechtsverletzungen durch die Art und Schwere der vorgeworfenen Taten indiziert. Diese Indizwirkung geht jedoch verloren, wenn zwischen dem Begehungszeitpunkt und der vorläufigen Maßnahme nach § 132a StPO ein erheblicher Zeitraum liegt und außerdem feststeht, dass der Beschwerdeführer in dieser Zeitspanne keine weiteren gleichgelagerten oder ähnlichen Straftaten verübt hat bzw. Anhaltspunkte hierfür ersichtlich sind (OLG Brandenburg StV 2001, 106).

Da nach Sachlage jedoch keine Anhaltspunkte bestehen, dass der Beschwerdeführer, außer der ihm gegenständlich für den 15.5.2008 zur Last gelegten Tat, weiterer gleichgelagerter oder ähnlicher Fälle verdächtig ist, und außer der Art und Schwere der vorgeworfenen Tat auch sonst keine Umstände ersichtlich sind, die eine konkrete Gefahr im dargestellten Sinne begründen könnten, war der angefochtene Beschluss aufzuheben.“

Also: Aufhebung wegen langen Zeitablaufs und damit im Grunde Übertragung der Rechtsprechung zur nicht mehr zulässigen vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach langer Zeit (vgl. dazu vor kurzem das KG).

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