Kardinalfehler beim Sachverständigengutachten

Ein in der Praxis häufiger Fehler hat jetzt (mal wieder) zur Aufhebung eines Urteils durch den BGH geführt (vgl. Urt. v. 04.08.2010 – 2 StR 194/10). Das LG hatte seinen Freispruch u.a. auf ein Sachverständigengutachten gestützt. In dem Zusammenhang beanstandet der BGH,

„…, dass das Landgericht nicht dargelegt hat, welche Ausführungen die aussagepsychologische Sachverständige Dipl. Psych. G. gemacht hat. Hält der Tatrichter die Zuziehung eines Sachverständigen für erforderlich, so hat er grundsätzlich dessen Ausführungen in einer zusammenfassenden Darstellung wiederzugeben, um dem Revisionsgericht eine Nachprüfung zu ermöglichen (vgl. BGH, NStZ-RR 1996, 233; NStZ 2007, 538). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Tatrichter dem Gutachter nicht folgt oder wenn dies – wie hier – aus den übrigen Urteilsgründen nicht ersichtlich wird.

Dem werden die Gründe des angefochtenen Urteils nicht gerecht. Sie beschränken sich auf eine bruchstückhafte Wiedergabe der Ausführungen der aussagepsychologischen Sachverständigen in der Hauptverhandlung. Daraus ist auch nicht zu entnehmen, zu welchem Gesamtergebnis ihr Gutachten gelangt ist. Der Hinweis des Landgerichts auf die auch nach Ansicht der Sachverständigen bestehende Detailarmut der Aussagen der Zeuginnen D. und J. reicht nicht aus, zumal drei Aussagen von unmittelbaren Zeu-gen des behaupteten jeweiligen Tatgeschehens vorliegen, die in der Gesamt-schau unter Umständen die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit des jeweiligen Vorwurfes selbst dann begründen könnten, wenn jede für sich genommen dazu nicht ausreicht.“

Wie gesagt: Häufiger Fehler, auch im OWi-Verfahren, der dann regelmäßig zur Aufgebung führt.

3 Gedanken zu „Kardinalfehler beim Sachverständigengutachten

  1. Renate

    Dummer Fehler. Rechtsprechung ist nicht die Kunst, mittels der Gesetze ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, sondern trotz der Gesetze das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Klappt natürlich nur, wenn man die Rechtsprechung der Obergerichte hinreichend kennt oder selbst den blauen Himmel über sich hat.

  2. VRiLG

    Trügt mein Eindruck, dass man solche Ausführungen des Revisionsgerichts vornehmlich bei der Aufhebung (eines Freispruchs) zu Lasten des Angeklagten liest?

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