Einen Verteidiger bekommt man nicht zum „Schnäppchenpreis“, oder: Warum sollte der Rechtsanwalt den „billigen Jakob“ machen?

Vor einigen Tagen berichtete die Kollegin Rueber über die Suche eines Kollegen nach einem „billigen Jakob (vgl. hier),  die – zumindest bei der Kollegin – ergebnislos war; der Beck-Blog möchte im Anschluss daran gern wissen, was denn so üblich ist (das werden die Kollegen kaum offen legen).

Der Beitrag der Kollegin Rueber hat mich allerdings zu der Frage gebracht, ob die dort von dem Kollegen angebotenen 100 € eigentlich gebührenrechtlich falsch waren. Nur zu Klarstellung: Ich will hier keine Diskussion darüber anfangen, dass 100 € für einen Termin zu wenig sind und auch die von der Kollegin angeführten 215 € kaum ausreichend die anwaltliche Tätigkeit honorieren.

Die Antwort auf die Frage „Billiger Jakob“ ja oder nein, richtet sich gebührenrechtlich danach, wonach ich die Tätigkeit abrechne: Handelt es sich um eine Einzeltätigkeit, dann erfolgt die Abrechnung nach Teil 5 Abschnitt 2 VV RVG und es greift die Nr. 5200 VV RVG und dann sind die ins Spiel gebrachten 100 € die Höchstgebühr. Handelt es sich nicht um eine Einzeltätigkeit, dann wird nach Teil 5 Abschnitt 1 VV RVG abgerechnet und es fallen m.E. Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr an. Letzteres ist allerdings streitig, einige OLG geben für dieselbe Problematik beim Terminsvertreter des Pflichtverteidigers nur die Terminsgebühr, andere  zumindest Grundgebühr und Terminsgebühr, was m.E. zutreffend ist.

Ob nun im „Fall Rueber“ 🙂 Teil 5 Abschnitt 1 VV RVG oder Teil 5 Abschnitt 2 VV RVG anwendbar ist, hängt vom Inhalt des erteilten Auftrages ab. Nur dann, wenn die Kollegin tatsächlich nur eine Einzeltätigkeit erbringen sollte, greift die Nr. 5200 VV RVG. Ist m.E. im Straf- und OWi-Verfahren aber eher die Ausnahme, denn dann wäre der Terminsvertreter nicht „Verteidiger“ Und das ist m.E. nicht der Fall (so übrigens auch die h.M. zum „Terminsvertreter des Pflichtverteidigers). Also fallen die Gebühren nach Teil 5 Abschnitt 1 V RVG an, also Grundgebühr, denn der RA muss sich ja auch einarbeiten – wie will er sonst im Termin verteidigen können? – und auf jeden Fall für die Teilnahme am Termin die Terminsgebühr. Und da dürften die ins Spiel gebrachten 215 € als Mittelgebühr in einer Vielzahl von Fällen angemessen sein (Rechtspfleger sehen das meist anders; bei denen gibt es häufig kein durchschnittliches Verfahren).

Also: Die Kollegin hatte Recht. Die 100 € wären für den anfragenden Kollegen ein Schnäppchen gewesen. Und wer will schon ein Schnäppchen sein? 🙂

6 Gedanken zu „Einen Verteidiger bekommt man nicht zum „Schnäppchenpreis“, oder: Warum sollte der Rechtsanwalt den „billigen Jakob“ machen?

  1. Martin

    Die Gebühren für die Verteidigung im Bußgeldverfahren sind gegenüber den Gebühren im Strafverfahren eigentlich recht üppig. 215,- Euro zzgl. Auslagen und MwSt. für eine Terminsvertretung sind auch regelmäßig in Ordnung, wenn es sich um ein übersichtliches Verkehrs-OWi-Verfahren handelt (bei einer 2.000 seitigen Akte wegen Umweltverschmutzung oder Schwarzarbeit sieht die Sache schon anders aus). 100,- Euro für eine Einzeltätigkeit sind aber nur dann angemessen, wenn man ohnehin gerade in der Nähe des Gerichts ist und den Termin nicht groß vor- und nachbereiten muß. Dann fragt sich der Mandant aber häufig, weshalb er überhaupt einen Verteidiger dabei hat, wenn der sowieso nichts Erhellendes zur Sach- und Rechtslage beitragen kann.

  2. RAin Kerstin Rueber

    Ich kenne es so, dass je nach Umfang der Sache entweder die volle Terminsgebühr angeboten wird oder aber Gebührenteilung.
    Eine Einzeltätigkeit liegt meines Erachtens bei der Wahrnehmung eines Termins als Verteidiger des Betroffenen nicht vor.
    @Werner: Ich nehm das jetzt mal als Kompliment, das ich gerne zurückgebe. 🙂

  3. RA Anders

    Nur die Terminsgebühr zu verlangen ist ja schon das kollegiale Zugeständnis, dass man in diesen Fällen der Terminsvertretung macht.

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