OLG Köln: Keine Aufhebung der Sicherungsverwahrung in einem Altfall

Mit Beschl. v. 14.07.2010 – 2 Ws 428/10 hat das OLG Köln zur Anwendung der Entscheidung des EGMR v. 17.12.2009 auf Altfälle Stellung genommen. Es sieht die Frage anders, als z.B. das OLG Hamm (vgl. dazu den gerade geposteten Beschl. v. 22.07.2010 – 4 Ws 180/10 m.w.N.)

Das OLG Köln meint: Das Urteil des EGMR stehe der Anordnung der Fortdauer einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung durch die Vollstreckungsgerichte nicht entgegen. Durch Auslegung des geltenden Rechts könne dem Urteil keine Geltung verschafft werden, da die einfachgesetzlichen Regelungen ein derartiges Vorgehen eindeutig zulassen. Für eine Transformierung des Urteils in innerstaatliches Recht bedürfe es eines Eingreifens durch den Gesetzgeber. Dass der nichts tut bzw. noch nichts getan hat, hat ja auch das OLG Hamm beanstandet

6 Gedanken zu „OLG Köln: Keine Aufhebung der Sicherungsverwahrung in einem Altfall

  1. Gerd

    Ein nicht hinnehmbarer Zustand, daß es vom OLG-Bezirk abhängt, ob jemand frei gelassen wird oder auf unbestimmte Zeit weiter verwahrt wird. Das Schicksal der Betroffenen hängt von der zufälligen Unterbringung in einer bestimmten Anstalt hab.

    Falls es zur Vorlagepflicht an den BGH kommt, darf man gespannt sein auf dessen Entscheidung. Indessen befürchte ich, daß der BGH und das BVerfG weiterhin die Linie verteidigen werden, daß die deutsche Sicherungsverwahrung, auch in Altfällen, dem Grunde nach nicht zu beanstanden sei und sich Deutschland – wenn auch erst in einigen Jahren – erneut eine blutige Nase vor dem EGMR holen wird. Da dies indessen wieder nur den einen oder anderen Beschwerdeführer in einem konkreten Fall betreffen wird, werden OLGs wie das Kölnische auch weiter fleißig argumentieren, daß andere Untergebrachte sich nicht auf in anderen Fällen ergangene Entscheidungen berufen können.

  2. n.n.

    großartig! das heißt doch, dass das kölsche olg sehenden auges rechtswidrige haft – um nichts anderes handelt es sich bei materieller betrachtung bei der sv – verhängt. und als trostpflaster gibts dann 25 € pro tag.

  3. Detlef Burhoff Beitragsautor

    tja, ist wohl leider so. ich verstehe inzwischen den Gesetzgeber auch nicht mehr. anstatt die Divergenzvorlage zu schaffen, hätte man m.E. ganz schnell die Rechtsprechung des EGMR materiell umsetzen müssen/sollen. „Wir“ sind doch sonst so „Europatreu“.

  4. Heinz

    Aber Herr Burhoff, das OLG Köln hat doch „überzeugend“ ausgeführt, weshalb eine Berücksichtigung der Entscheidung des EGMR aus methodischen Erwägungen heraus überhaupt nicht in Betracht kommt… Was die weinseligen Elsässer reinaufwärts entscheiden, hat doch in Koblenz und Köln niemand zu kümmern. Rheinabwärts kommt die Entscheidung eben etwas verdünnt an, homöopathisch sozusagen, kaum noch feststellbar.

    Es schlägt dem Faß allerdings die Krone ins Gesicht, daß sich das OLG Köln scheinheilig auf die angebliche „Gesetzeskraft“ der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.02.2004, 2 BvR 2029/01, beruft. Ungeachtet dessen, daß hier einmal mehr der § 31 BVerfGG falsch verstanden wurde, beruft man sich als Anwalt in anderen Fällen immer erfolglos auf eben jene Bindungswirkung des § 31 BVerfGG. Da heißt es dann nur achselzuckend: „Ach, was die da in Karlsruhe am grünen Tisch entscheiden…“ Bis heute hat z.B. kein einziges OLG, geschweige denn die StVKs, die Entscheidung des BVerfG vom 30.04.2009, 2 BvR 2009/08, in der täglichen Praxis der Lockerungs- und Aussetzungsentscheidungen umgesetzt. Aber jener Beschluß streitet ja auch zugunsten der Verurteilten…

    Auch 200 Jahre nach Untergang des Heiligen Römischen Reiches haben wir einen rechtlichen Flickenteppich in Deutschland, der vor allem durch die wirre Rechtsprechung der jeweils zuständigen OLGs geprägt wird. Wenn man, wie ich, seine Kanzlei direkt in einem Vierländereck hat, kann man es wirklich keinem Bürger erklären, weshalb der Nachbar, der 500 Meter weiter im Bundesland A wohnt, in Zivil- (insbesondere Familien-) und Strafsachen Dinge durchsetzen kann, die hier im Bundesland B dank der hiesigen OLG-Rechtsprechung nicht möglich sind, die aber wiederum für ihn möglich wären, wenn er 10 km weiter ins Bundesland C zöge, auf gar keinen Fall aber durchsetzbar sind, wenn er in das 20 km entfernte Bundesland D zieht.

    Was ja noch vermittelbar wäre, wenn es um die Anwendung des jeweiligen Landesrechts ginge, ist für niemanden mehr verständlich, wenn es um die unterschiedliche Auslegung von Bundes- oder Europarecht geht. Papa1 darf mit seinem Kind alleine in den Türkeiurlaub fahren, weil OLG1, zuständig für Dorf A, papafreundlich (st. Rspr. d. Senats!) ist. Papa2 im Nachbardorf B bekommt das vom zuständigen Familiensenat2 untersagt, weil man dort mamafreundlich ist (st. Rspr. d. Senats!). Wenn ich einem Mandanten so etwas erkläre, vielleicht sogar sagen muß, daß er nur deshalb nicht mit Sohnemann allein in Urlaub fahren darf, weil er letztes Jahr in das Nachbardorf verzogen ist, fühlen er sich, gelinde gesagt, auf die Schippe genommen.

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